DATURA
D-Frankfurt am Main, Elfer Music Club - 18. Februar 2005
Das große Schweigen... Heute stieg im Elfer-Club ein Konzert mit den vor einer Weile entdeckten und voll eingeschlagenen Datura. Eines, bei dem kein einziges Wort fiel... Bei dichtem Schneetreiben war ich mit Frau Peanut um zehn in Eschersheim angekommen. Dreihundert Partysanen machten die Kneipe rammelvoll. Lahm der Zuspruch hingegen eine Stiege tiefer im Liveclub. Als geil abgestempelt, tauchten wir in den Keller mit sechzig Leuten ab: Dreadlocktypen und Studenten mit Wollmützen, weiten Hosen und Turnschuhen. Darunter weilte ein Bekannter: der Datura-Hinterherreisende Ralf. Wir quasselten über die Achtziger, als die Schwermetallmusik und die Welt noch im Lot waren, ärgerten uns über den Bierpreis (Binding in Frauengröße: 2 Euro 60), und nach einer Stunde Däumchendrehen war es soweit...
22 Uhr 50 blinzelten fünf rappeldürre Frankfurter ins gleißende Licht. Mathias und Flo an den Gitarren, Benny und Patrick an Bass und Schlagzeug, Effektmeister Ralf und - Niemand als Stimme: die Postrocker DATURA. Datura kamen stumm. Keine abgedroschenen Worte. Das ist oft viel wirkungsvoller, weil sich der Rest im Kopf des Betrachters abspielt! „Noise“ wälzte sich aus den Speakern und eröffnete ein Kaleidoskop aus Stahlsaiten, Klangeffekten und völlig in sich versunkenen und voll ungeheurer Energie steckenden Akteuren. „Ich bin der Zorn Gottes“: Eine Stimme im Off brachte die wuchtig heranrollenden „Warmachines“ auf die Startrampe. Waren die Einleitungen viertelstündige Epik-Exkurse, witterten nun mit „Explosions“ und „Astronaut“ zwei knackige Eruptionen von je zehn Minuten durch den Raum. Auch diese sprudelten vor Versunkenheit und schweren Gedanken nur so über. Vor aufgestauten Gefühlen, die sich in berstenden Donnerbällen entluden. Datura zauberten eine knappe Stunde lang von einem viel zu kleinen Geviert aus einen Riffsturm, der es nur so in sich hatte, ein esoterisch-avantgardistisches Endzeitbild in den Keller (und jener sollte nur das Sprungbrett für die große Bühne in der Batschkapp sein!). Um Mitternacht folgte ein kurzes Durchschnaufen mit Instrumententausch - welches die Hälfte des bislang gebannten Publikums zum Aufbruch mißbrauchte. Das hatten die Jungen nicht verdient! Im Finale inthronisierten sie das emotionsgetragene „Lovelight“. Wie alles bei Datura, wehte auch das Liebeslicht zum Überlauf gefüllt mit bittersüßem Moll vorüber, nur milder, hypnotischer. „Lovelight“ setzte den Schlußpunkt unter einen erneut superintensiven Auftritt der verschworenen Clique Datura. Der Donnerball verglühte nach 66 Minuten unter Sternengeblubber im All.
 
Im Anschluß ließen die Mental Maps DJs noch Platten rotieren. Peanut und ich nahmen einen letzten Schluck an der Bar treppauf. Der mörderkotellenbestückte „Nodeoman“ Alex leistete uns Gesellschaft. Am neuen Tag stolperten wir hinaus in eine weiße Winternacht.
 
 

Heiliger Vitus, 20. Februar 2005