KAMPFAR, VREID, DREAMARCHER
D-Frankfurt am Main, Nachtleben - 21. Oktober 2016
Es war gerade mal um elf, als ich mit Gräfin Peanut im Szenebistro „Nachtleben“ saß. Der dritte Stuhl an unsrem Tisch war leer. Darauf hatte unser Bekannter, der Murmler - in den Achtzigern Schreiber für die „az“ (andere Zeitung) -, gesessen. „Was ist Metal?“, hatten wir uns gefragt. Manches davon konnte man nie leiden, für anderes wurde man sogar gepfählt. Heute war die „Unheilige Sonnenwende aus dem Norden“ über Frankfurt gezogen. Allein der Name des Feldzugs schien die Dinge leicht zu entflammen. Halb sieben hatte er begonnen, um zehn war schon wieder alles vorbei. Dreimal schwarzes Metall aus Norwegen, seinem Heimatland. Manche Frauen sollen Metal regelrecht hassen... Der Murmler mußte heim zu seiner. Aber immerhin hatte er alle drei Gruppen erlebt. Dafür mußten die einhundertfünfzig Erschienen tief in die Tasche greifen. Beim netten Onkel an der Pforte wurden 22 Euro pro Kopf fällig; die blonde Elfe vor der nicht minder kolossal bestückten Andenkenwand forderte 40 für eine Kapuzenjacke und 15 für einen Silberling. Seit einer Stunde war es nun still unten im Keller. Weil schon die nächste Veranstaltung in den Klub drängte... Oben nahm ich mit meinem Mädel einen letzten Schluck in einer fremden Welt aus Hipstern, Schwallern und urbanen Mittdreißigern. „Was ist Metal?“, habe ich mich gefragt...
 
Keine Ausgeburt an Magie, aber kurzweilig, sollen die Ersten der Nordländer gewesen sein. Während DREAMARCHER ihren dunkel-melodischen Post-Metal-Bogen spannten, hatten wir uns zuhause gerade mal zu einer Spritztour mit einem wahnsinnigen Busfahrer in die Stadt durchgerungen. Etwas Besseres als den schwarzen Dreibund aus Norge gab das grau-bunte Einerlei in Frankfurt einfach nicht her. Irgendwie mußte die Zeit zwischen heile, heile „Doom in Bloom“ und dem heile, heile Doom in Rotterdam - „Dutch Doom Days“! - schließlich totgeschlagen werden...
Daß VREID bei unserer Ankunft schon zwanzig Minuten rappelten, verblüffte mich unterdes. Aber bei einer Spieldauer von einer Stunde war dies zu verschmerzen. Im Unterschied zur 'Black-Path-Tour' vor fünf Jahren, als Vreid und Kampfar schon mal am selben Ort standen, waren diesmal die Stellungen getauscht. Die vier Nordmänner aus Sogndal besetzten die goldene Mitte und kamen durch die blutrot illuminierte Bühne und ihren Wechsel von glatten Uniformhemden zu schlichtem Schwarz echter und bodenständiger daher als 2011. Speziell die Saitenmänner Strom und Hváll strotzten vor Energie. Durch ihre letzten Langeisen 'Welcome Farewell' und 'Sólverv' neigt sich ihr schnelles, knalliges Gemisch aus Black and Roll, Heavy und Black Metal ferner immer mehr zu Letztem hin. Eine bestens ausgesteuerte Beschallungsanlage, die Ohrstöpsel nichtig machte, tat das Ihre für ein sehr fulminantes Stündlein. Besonders gut gefiel der letzte Donnerschlag durch das düstere „Pitch Black“. Die Pause wurde mit Filmmusik von „Derrick“ berieselt...
Die Norse-Black-Metal-Horde KAMPFAR kam in kauzig-kratziger Aufmachung. Nach der Trennung von Urmitglied Thomas Andreassen, und nachdem sie beim letztenmal noch mit einem Gast an der Gitarre unterwegs waren, präsentierten Kampfar mit Ole Hartvigsen eine äußerst stringente Figur am Sechssaiter. Während der Vokalist an ein langhaariges Gerippe erinnerte - das später blanke Haut und Dornen zu zeigte - entpuppte sich der Neue im krassen Kontrast zu Dolk als Diva mit Kajal und Vollbart. Hingegen der als „a very intelligent boy“ vorgestellte Bassist Bakker wie ein stoisch-harter Wikinger, und Schlagzeuger II13 mit seinem Irokesenschnitt wie ein Punk wirkten... Doch die Optik ist nicht alles. Kampfar hämmerten und peitschten sich durch alle ihrer sieben Schwarzalben seit 1997, von denen jedes mit zumindest einem Stück bedacht wurde. Und von denen wiederum die gleich zu Beginn zelebrierte Heidenhymne „Ravenheart“, sowie die zum Ende des regulären und zur Einleitung des ersten Zugabeblocks burzumartig halluzinierenden „Hymne“ und „Lyktemenn“ herausstachen. Zumindest mir rannte dabei die Gänsehaut nur so übers Kreuz. Dazwischen erinnerte Dolk mit „Troll, Død og Trolldom“ an eine Zeit, die kein „Facebook, internet, smartphone or other fancy shit“ kannte, in der der Mensch noch Werte hatte und das Leben mit der Natur kannte. Die Pforten zu Valhalla öffneten Kampfar allerdings nicht vollends. Dafür wogten sie zu sehr zwischen Ritual und Pathos hin und her. Vergleiche von Frankfurt mit Paris (wo sie letzte Nacht weilten) und zig Anwinselungen von „Frankfurt“ braucht niemand. Pünktlich fünf Minuten vor Abschaltung der Speaker um 22 Uhr kam es zur Götterdämmerung - Ragnarök!
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
DREAMARCHER
(18.00-18.45)
Titel unbekannt
 
VREID
(19.15-20.12)
1. Helvete
2. Raped by Light
3. The Red Smell
4. Væpna lengsel
5. Speak Goddamnit
6. Then We Die
7. Sights of Old
8. Når Byane Brenn
9. Sólverv
10. Pitch Black
 
KAMPFAR
(20.40-21.55)
Intro (Valgard)
1. Gloria Ablaze
2. Ravenheart
3. Troll, Død og Trolldom
4. Swarm Norwegicus
5. Hymne
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6. Lyktemenn / Til Siste Mann
7. Vettekult
8. Altergang
9. Tornekratt (Intro)
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10. Mylder
11. Our Hounds, Our Legion
Nachhall
 
Am 15. November - nachdem alle Fanartikel in Bergen, Norwegen eingetroffen waren - schickte Dolk von Kampfar mir als Ersatz für eine beschädigte eine neue Kapuzenjacke zu (bei der vor Ort erstanden hatte sich der Ärmeldruck etwas gelöst). Die neue war umsonst - mit einer Entschuldigung für den Fehldruck an der ersten, und als Dank für die Unterstützung! Diese Geste wird nie vergessen!
 
 
Heiliger Vitus, 22. Oktober /15. November 2016