KONGH, OCEAN CHIEF, MILLS OF GOD
D-Mainz, Geheimer Ort - 18. November 2007
((((((o)))))) Der Doom läuft Gefahr, von einem verhirnten Geflecht vereinnahmt zu werden. Dadurch, daß mit dem Sludge und Drone immer mehr Akteure aus der Punk- und Hardcoreszene auftauchen, führen Konzerte neuerdings immer öfter in hochgradig ideologisch ausgerichtete Lokationen. Der schwere Stand des Doom in „normalen“ Klubs macht´s möglich. Wo den Göttern huldigen? Wo die Musik als solche wahrnehmen? Nur noch im stillen Kämmerlein? Selbst einen Doomladen aufziehen? Oder bei einem womöglichen Feind eindringen?... Heute kam die SWEDISH SLUDGE INVASION in ein besetztes Haus in Mainz. Da wollten wir nicht fehlen, hatten uns über das Autonome Zentrum erkundigt, und waren gewarnt: Kein Geringerer als Josef Klumb von Weissglut wurde während eines Plenums über faschistische Tendenzen im Dark Wave mit körperlicher Gewalt aus dem Gebäude entfernt, geschlagen und mit Tränengas besprüht!  -  Trotz Störsignal hatte unser Taxi in der Dunkelheit kurz vor acht den Geheimen Ort - ein verlassenes Haus am Arsch von Bretzenheim - ausfindig gemacht. Ans Vorderhaus gepinselte Sterne zeigten den Weg. Ein wandfüllender Fünfzack in Schwarz strahlte auch im Inneren des Hauptgebäudes. Und dort war Geduld vonnöten. Zwar für 20 Uhr angesetzt, ließ der Beginn auf sich warten... Wir hätten aus der veganen Bratkartoffel-Zucchini-Pfanne essen dürfen (es „war etwas übrig geblieben“), waren aber nicht mehr hungrig, und schlugen die Zeit mit Oettinger auf einem alten Sofa tot. Dabei ruhten die Blicke auf dem schwarzen Stern - und das Gehör ganz zwangsweise unter den politisierenden und radikalisierenden Anwesenden. Schwarzbraunmetallische Verfärbungen wurden im Doom vermutet, vermeintlich rechte Umtriebe intellektuell abgehandelt (Grund für die kruden Theorien war das Konzert tags zuvor in Köln). Aber wer sind die Faschisten, wenn weder rechts noch links keine außer der eigenen Gesinnung duldet? Feind ist, wer anders denkt... Wir fühlten uns verdächtig, und waren doch nur wegen der Doom-Musik gekommen! - „Mills of God fangen jetzt an. Das Konzert geht los.“ Endlich (21.20 Uhr) rief jemand diese frohe Kunde aus. Nun hieß es, sich aufzuraffen und in den niedrigen Anbau zu begeben. 18 Personen waren vor Ort, als sich der Stoßtrupp in Stellung brachte, auf dem Höhepunkt wurden 30 ermittelt: Autonome, Studenten und Leute aus Südwestdeutschland samt einigen üblen Allwissenden.
MILLS OF GOD - Czarny, Pfeifer und Alt - starteten mit „Call Of The Eastern Moon“ äußerst esoterisch und untergründig am Anschlag durch, und machten der Kommune das Wesen des Doom gleich zu Beginn überdeutlich klar. Eine gigantische Walze voller sonorer Endzeitmelodien, tieffrequentes Gitarrengedröhn, massive Trommelhiebe und nur spartanisch herausgeröchelte Gefühlsexplosionen machten den Geheimen Ort schlichtweg platt. Tief im Drone Doom verwurzelt, haben sich „Gottes Mühlen“ gerade zweimal um ihre Achsen gedreht. Aber das waren zwei Umkreisungen von nicht weniger als einer Dreiviertelstunde! Wenngleich manchmal etwas lang auf einem Riff verharrend, so war der junge Dreibund aus Saarbrücken doch eine phänomenale Entdeckung. Im Frühjahr 2008 erscheint das Albumdebüt. Man sollte gespannt sein! Smart und spartanisch wie der ganze Auftritt: der Abschied nach „Monolith“ (der Name war Programm!) mit „Vielen Dank! Tschüß!“
Die Selbsbezeichnung „Viking Doom“, die Einflüße Freja, Odin und Thor, das dem Göttersohn gewidmete Langeisen 'Tor', und zu allem (Un)Glück auch noch Anziehsachen mit dem nordischen Donnergott, symbolisierten Donnerhämmern und Runen (die sie zu ihrem Glück verdeckt auf dem Verkaufstisch plazierten): Man machte sich so seine Sorgen um Schwedens OCEAN CHIEF in dieser streng auf Codes achtenden Gesellschaft. Aber die Seekrieger Tobbe, Björn und Jocke gerieten in keinem Moment ins Schußfeld. Vielleicht schützte sie ihre Unwissenheit und Unbekümmertheit in der Schlangengrube - der Gitarrist hatte mir gar gesagt: „It´s a nice place to play! Good sound!“ - egal!: Ocean Chief führten die Blutlinie der Mills fort. Nahezu rein instrumental operierend, brausten Wellen von monumentalem Ausmaß und psychedelisch zerrende Ultra-Doom-Trossen durch die cannabisgeschwängerte Luft. Und nur wenn es notwendig war, thronte das heroisch rauhe Organ des thorshämmernden Blondbarts über diesen magischen und alles verschlingenden Klängen. Das von Tobbe getragene Electric-Wizard-Hemd wäre auch eine phantastische Referenz für die Männer aus dem Norden. Aber die waren anders, schlachtenerprobt, so wie die Wikinger!
Die Tre Kronor KONGH starteten als Gegenmodell mit einem Big Bang. Der Auftakt erfolgte wie aus dem Nichts mit einer unbehaglich herausgekotzten Hardcore-Attacke - um dann plötzlich in magische Zeitlupenwelten zu fallen. Fortan wurde in vernichtender Konstanz gependelt - von eitrigem Sludge über hypnotisierenden Drone bis hin zu einigen atmosphärisch abgedrehten Prog-Splittern. Mal Düsenjäger, mal Leichenwagen, mal Gefrickel. Oder - wie sie es nennen - „Life, death, beer“. Kongh waren ein Krachen und Krächzen an allen Ecken und Enden in der Ästhetik früher Switchblade und hirnfickender EyeHateGod. Die als Notnagel für BENEATH THE FROZEN SOIL eingesprungen Saitenmänner Johansson, Rydén und - allen voran - der unter die Haut gehende Trommler Salonen, waren einfach nicht zu packen und mit ihrem spannungs- und wendungsreichen Doom in Mainz sogar zum Sprengkommando ernannt. Nach einer Zugabe war Ende im Gelände am Wagenplatz. Anhängern eingangs erwähnter Stilrichtungen sei das Kongh-Werk 'Counting Heartbeats' dringend empfohlen. Trust no one!
 
Die Gruppen waren schwer in Ordnung, das Publikum nur bedingt. Wir waren unfrei, und trotz dreimal untergrundigem Garagen-Doom konnte kein Doom-Gefühl aufkommen. 87 Euro Reisekosten für P. und mich, dazu 12 für den Eintritt: Die Swedish Sludge Invasion in Mainz hatte schon etwas sehr Spezielles! Etwas von doom, aber glücklich!
 
 

((((((Heiliger Vitus)))))), 21. November 2007
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
MILLS OF GOD
(21.30-22.15)
1. Call of the Eastern Moon
2. Monolith
 
OCEAN CHIEF
(22.30-23.10)
1. Sorcerer on Dope
2. Gates of Fire
3. Born
 
KONGH
(23.50-0.45 / Titel ohne Gewähr)
1. Pushed Beyond
2. Counting Heartbeats
3. Adapt the Void
4. Megaprimatus
5. Zihuatanejo