TEPHRA
D-Frankfurt am Main, Elfer Music Club - 3. September 2009
Diese Nacht gehörte Tephra, dem Mond, und sonst niemand. Irgendwie mutete heute alles gespenstisch surreal an. An Frankfurts selten sternenklarem Himmel strahlte ein voller Erdtrabant, ich war allein, und die Straßen in den Norden wie ausgestorben. Halb zehn im „Elfer“ angelangt, war ich dort der erste Gast überhaupt. Gelegenheit für ein paar Worte mit dem Klubbetreiber persönlich. Wolf hatte mir jüngst eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker angeboten. Eine schöne Offerte. Nur wie zur Hölle mit 500 Kröten das erste Jahr überleben? Trotzdem war die Mannschaft „Get In The Ring“ nach fünf Jahren kräftig am Expandieren und hatte zum „Elfer“ auch die Sachsenhäuser Lokation des „Bett“ übernommen. - Zum Konzert. Gepfefferte neun Piepen waren zu entrichten. Für eine Gruppe. Und wie mittlerweile zur Normalität geworden, gab´s keine Karte, kein Flugblatt, nur einen feuchten Stempel in die Hand als Gegenwert. Mit dem Tonmeister, der Thekenkraft, dem Händler und 15 Zahlenden hatte sich ein sehr kleiner Zirkel für Tephra zusammengefunden. Es war eher wie im Bunker oder Übungsraum, aber gar nicht wie auf einem Konzert. „Gemütlich hier“, wie es Ercüment befand. Fast schon halsüberkopf ging es zur Sache...
Ab 22 Uhr versammelten fünf Kerle aus Braunschweig, Berlin und Oldenburg Sludge, Hardcore und visuellen Wahnsinn zu einer neuen Abrechnung mit der Welt. Ansatzlos starteten TEPHRA durch. Gleich zu Beginn wütete ein Hagel aus Gift und Verzweiflung durch den engen Raum. „The Abyss“, sein Name. Seit meinem letzten Zusammentreff mit Tephra 2006 haben sich einige Dinge gravierend verändert. Der Organist ist ausgestiegen. Dafür agierte man heute mit zwei (!) Schlagzeugen. Ebenfalls neu im Rudel war auch der Mann an der Bassgitarre. Somit rekrutierten sich Tephra 2009 aus Gitarrist und Sänger Ercüment, Gitarrist Alex, aus Aaron, und den beiden Schlagzeugern Vinod sowie leihweise Henner von The 244 GL. Das fehlende Klavier war maßgebend für die Abspielliste. Ohne elektrische Klaviatur hätte manches einfach schlecht geklungen. Tephra mußten auf den neuen Stoff verzichten und griffen auf das Altbewährte von 'Tephra' und 'The Modicum Of Truth' zurück. Wobei die Männer heute vergleichsweise postmetallisch ans Werk gingen. Sehr kühl, sehr spröde, sehr neurotisch war dieses Ambiente, was da speziell zum Auftakt durch den 11er Bunker orgelte. Ab dem „Big Black Mountain“ wurde es aber atmosphärischer, tiefer. Sehr sludgig wurde es nun. Die beiden Schlagzeuger hatten die komplette Bühne mit einer Batterie aus Becken, Snares und Bassdrums belegt. Es war wie ein riesiger Motor, der da im Hintergrund stampfte und arbeitete. Vor der geballten Doppelmacht hatten die Gitarristen ihren dreifachen Sperriegel aus Stahltrossen aufgebaut. Und in der Spitze war der Mikroständer mit den qualvoll aufgeladenen Schreien Ercüments in Stellung gebracht. Alex zog ein weiteres Mal eine körperlich völlig abgefahrene Performanz ab. Auch eine zerfetzte Saite bei „Until the End“ konnte ihn nicht bremsen. Alex spielte das Teil unbeirrt durch - um seine Angestammte danach durch eine neue Liebe zu ersetzen. Weiter ging´s, mit dem dunklen „Through Our Veins“. Fliegende, auf Tief getrimmte Gitarren, erzeugten nun hypnotische Mantras. Und so ging das hin bis zum doomigsten Lied, den „Rivers Eyes“. Nach etwas Leerlauf und einem Disput, bei dem schon paar gingen, beschlossen Tephra vor zehn Leuten noch eine Zugabe zu zelebrieren. Die zehnminütige Parabel „Watchin´ the Ocean“ sollte zum heftigsten Augenblick der jungen Nacht werden.
 
Davor und danach durfte ich Tephra wieder als Menschen mit Herz und Verstand erleben. Beim Rausgehen lag der Mond unter einem kristallenen Schleier. Und kein Zeichen von Leben in dieser Stadt. Ein Traum!
 
 

Heiliger Vitus, 5. September 2009
.:: ABSPIELLISTE TEPHRA ::.
(22.00-23.10)
1. The Abyss
2. 7.17
3. Big Black Mountain
4. Until the End
5. Through Our Veins
6. Rivers Eyes
7. Lost One
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8. Endless Horizon
9. Watchin´ the Ocean