THE ATOMIC BITCHWAX, 1000 MODS, WEDGE
D-Frankfurt am Main, Das Bett - 8. Mai 2015
Mit der Konzertserie HIGH IN THE SKY präsentierten die Soundliberatoren um Laiki Kostis heute ein abgespecktes Gegenstück zum SKY HIGH. Für beide galt das ähnliche Konzept: Es wurde Psych-, Stoner- und Heavy Rock zelebriert, die visuellen Effekte lieferte der in Hippiekluft steckende LSDirk, hinterm Mischpult stand Lee, und auch der bekannte Hoffotograf war vor Ort. Zweihundert Personen machten das „Bett“ ordentlich voll. Darunter befanden sich etliche mit Kyuss-Shirts, ein Mädel in Pentagram-Bluse, und ein gewisser Jo aus Offenbach, der mich auf meins von Gorilla Monsoon ansprach, und mit dem sich trefflich über Saint Vitus quatschen ließ. Nachdem ich die längste Zeit des Jahres zwischen völlig Andersgearteten in der Wetterau friste, war Jo ein Mensch, mit dem ich endlich mal „normal“ reden konnte. Wie abgrundtief grausam Isolation sein kann, weiß nur, wer sie selbst durchlebte... Wir hatten viel Neugier mitgebracht... und manchmal kommt unverhofft auch so was wie Glück... Entgegen aller Befürchtung sollte der Abend ganz wunderbar werden. Heute war das Bett mehr als nur Valium für die Seele! Trotz eines Großeinsatzes der Feuerwehr am Frankfurter Hauptbahnhof kam ich mit meiner Komplizin pünktlich an. Der Beginn hatte sich verzögert...
Nachdem der Frontmann ausgiebig Gitarre und Bodentreter justiert hatte, kamen zuerst WEDGE zum Einsatz. Das Trio aus Berlin frönte den Siebzigern, und lotete im fliegenden Wechsel die Facetten zwischen Hard-, Blues- und Psych-Rock aus. Dabei trug die Performanz einen poetisch verspielten, mitunter auch etwas plumpen Unterton, und war mehr was für den weichen Kern - den wohl gar keiner hatte. Womöglich sollte der weitgehend sinnfreie Hintergrund durch ein Mehr an Optik verdeckt werden. Ein Zuviel an bunten Lichtern und Filmchen ließ die drei auf der Bühne nahezu untergehen. Ferner konnte man nicht von einer Augenweide reden, denkt man an die Hauptfigur. Schon bei The Magnificent Brotherhood als Hampelmann erlebt, sah Kiryk mit Nickelbrille, lichtem roten Zopf und Leninbärtchen etwas verunstaltet aus, und wirkte mit seinen zuckenden Bewegungen und der Gitarre unter der Achsel leider auch erneut etwas affig. Der gequält hohe Gesang tat sein Übriges. Ganz anders dagegen seine neuen, jüngeren Brüder. Mit ihren wilden Mähnen machten Bassist und Hammond-Mann David sowie Trommler The Holg richtig was her. Im Grunde war David den ganzen Auftritt unter seinen Haaren verschwunden. Die stärksten Momente erlebten Wedge mit ihrem Psych-Gefrickel, allen voran dem an Hendrix erinnernden „Easy Chair“, dem Heavyblueser „Free“, und dem von einer dunkel hupenden Orgel und einem Schlagzeug-Solo (ja, so was gibt´s noch!) gekrönten, und in einer Instrumenten-Improvisation mündenden „Never Learn“. Die Darstellung der letzten Stücke als „Zugabe“ hätte man sich besser verkniffen. Wedge wollten überhaupt nicht aufhören. Nach 66 Minuten hatte der Gitarrist seine Flasche Rotwein schließlich geleert. Der Klubchef half beim Aufräumen und reichte ihm den letzten Schluck.
Mit dem ersten Hieb auf den Sechssaiter wußte ich, was die Stunde geschlagen hat. Mit den 1000MODS aus Griechenland kam Großes auf uns zu. Die vier stämmigen Hellenen mit ihren wuchernden Vollbärten, schwarzen Haaren und dunkel funkelnden Augen hatten ein ganzes Arsenal an Gitarren mitgebracht. Und alle waren sehr tiefgestimmt und sollten lässig über den Knien baumeln... Auf Stoner Rock hatten wir mehr als ein gefühltes Jahrzehnt gewartet. Der Auftritt von The Great Escape 2004 im Titty Twister Dresden bleibt für mich der beste der Stilrichtung (wohl für immer). Alles danach war Mittelmaß. Heute sollte sich das ändern! Von Schultafel-Schwarz unterlegt, und mit wenigen Effekten dunkel ausgeleuchtet, zauberten die 1000mods von 22 Uhr 13 an ihren basslastigen Fuzz-Sound in die Halle - und weckten damit eine alte Liebe. Gleich mit dem ersten wuschig verzerrten Riff begann der Boden zu ruckeln, Haare wirbelten, Leiber bogen sich zu kojotigen Vokalen im Schlangentanz, und so nahm der von „Horses Green“ eingeläutete Wahnsinn seinen Lauf. Mit ihrer hypnotischen wie muskulösen Männermusik, die frei von Effekthascherei nur die Töne reden ließ, sind Dani, Giannis, George und Labros für mich die Gesichter der „Neuen Stoner Rock Welle“. Neben ihrer kraftvollen, geerdeten und menschlichen Aura haben sie ein Händchen für das, was für die groovende und psychedelische Ausrichtung steht - ohne dabei das Original (Kyuss) nachzumachen, sondern deren Nachfahren locker an die Wand zu drücken (wenngleich das Neuwerk 'Vultures' etwas schwächelt). Vielleicht hatte das Rudel aus Chilimodi bei Korinth im Süden Griechenlands heute auch „nur“ die Sternenstunde seines Lebens. Doch diese Stunde ging vollends unter die Haut, sie war wie ein schöner, kreisender Weiberhintern, und sie vertrieb alles Leid, allen Haß, alles. Wie´s das Festival versprach, trieb ich hoch im Himmel wie wohl das ganze Bett. 1000mods, „El Rollito“ und der neunminütige, wirbelsprengende Geniestreich „Vidage“ waren das Phantastischste der letzten Zeit! Das Sternengeblubber und der Abschiedssatz „Thank you, Atomic Bitchwax!“ waren geschenkt. Mehr Stoner ging nicht!
Allein aufgrund ihrer Schmächtigkeit und der Tatsache, einer weniger zu sein, waren die 1993 aus Monster Magnet entstandenen THE ATOMIC BITCHWAX ihrem Support rettungslos unterlegen. Zu dritt konnten sie nicht an die massive Soundwand der Hellenen herankommen. Mit der brandneuen Langrille 'Gravitron' im Gepäck, schlugen Kosnik, Ryan und Pantella andere Wege ein. Das Trio aus USA (Chris und Finn helfen übrigens nach wie vor bei Monster Magnet aus), hatte die Trossen härter, taffer und mindestens einen Halbton höher gestimmt, und brillierte mit einer unfaßbaren Frische, mit Verve und Charisma. Pantella bestach mit tiefem Gepolter aus dem Hintergrund, dazu warfen sich die Saitenmänner Auge in Auge ein wahres Kaleidoskop aus Riffs zu (wobei der in einem „Berlin“-Shirt steckende Gruppengründer Kosnik die zentrale Position dem später zur Gruppe dazugestoßenen Sechssaiter und Vokalisten Ryan überließ. Wie auch immer man das sah...). Die Neuigkeit „War Claw“ blieb heute das einzige etwas düsterer gehaltene Teil. Ansonsten hagelte es Riffs, Riffs, Riffs. In der Verlängerung (die keine war) zogen die Amis noch mal alle Register. Erst gingen sie mit der Entrücktheit „One of These Days“ vor Pink Floyd auf die Knie, darauf dankte die Meute mit einem Rempeltanz zum Heavyrocker „Shit Kicker“, bevor der Instrumenten-Tornado „Force Field“ nach 53 Minuten die Schau beschloß. Seit den frühen Neunzigern stehen sie auf den Bühnen oder im Studio. Immer wurden sie dem Stoner Rock zugeordnet, aber Stoner Rock waren sie nie. Ihr richtiger Durchbruch kam auch nie. Dafür waren The Atomic Bitchwax immer viel zu weltenfern!
 
 

El Santo Vito, 12. Mai 2015
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
WEDGE
(20.50-21.57)
1. The Fight
2. Looks´n´Savvy
3. Easy Chair
4. Shut Up
5. Free
6. Push Air
7. The Spider & The Cat
8. Who Am I?
9. ´61 SG
10. Lucid
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11. Never Learn
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12. Got This Thing On The Move
 
1000MODS
(22.13-23.11)
1. Horses Green
2. Road to Burn
3. Claws
4. Low
5. Navy in Alice
6. El Rollito
7. Vultures
8. Vidage
9. Super Van Vacation
 
THE ATOMIC BITCHWAX
(23.37-0.30)
1. Hope You Die
2. Ain´t Nobody Gonna Hang Me in My Home
3. Forty-five
4. Giant
5. Kiss the Sun
6. Gettin´ Old
7. War Claw
8. So Come On
9. It´s Alright
10. Destroyer
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11. Coming In Hot
12. One of These Days [Pink Floyd]
13. Shit Kicker
14. Force Field