THE HANGMEN, KITTY AHOI!
D-Frankfurt am Main, The Cave - 13. Januar 2003
Fliehende Stürme. Seit deren Auftritt am 28. Dezember in Frankfurt lassen die Düsterpunker mich nicht in Ruhe. Auch heute waren die heimischen Hallen von Tristesse, Verzweiflung und Todessehnsucht erfüllt. Es fiel mir unsagbar schwer, mich aus der wohligen Melancholie zu lösen... und die Fahrt in Frankfurts Innenstadt anzutreten, die auch im rieselnden Neuschnee nicht schöner wirkte. Doch heute standen die Zeichen auf harte Gitarren. Und die sind rar genug in der Geldstadt am Main... Im Keller des „Cave“ wartete ein Wunschgedanke. Wer immer davon träumte, mal zwischen fünf Ritzen zugleich zu kuscheln, dem bot das Cave die Gelegenheit dazu (ein Schlingel, wer jetzt das Eine denkt).
Es gab ´nen Fünfer. Aber nicht in für die Kiste. Nein, nein! Die heutige Freudenabteilung räkelte sich an Ständern mit Mikrofonen! Punkt 21.45 Uhr eröffneten Sandra, Dominique, Saira, Cora und Wibke ihre Nabelschau. Puppenalarm durch KITTY AHOI!. Ganz so keusch wie die erste Viertelstunde waren die Mädel aus Offenbach und Frankfurt nicht. Nach der dritten Nummer blühten sie auf und gingen letztlich ab wie Raketen. Kitty Ahoi! waren (fast) alle von ranker, schlanker Statur. Sie trugen mit lollipopfarben schillernden Perücken eine glamouröse aber überaus angenehme Ausstrahlung zur Schau, und produzierten knalligen Power Pop Trash mit einem Fitzelchen Punk drin. Sängerin Sandra bleckte zuckerwattensüß die Zähne und trällerte mit Kleinmädchenstimme ironische Breitseiten gegen die MTV-Sternchen dieser Welt. Von „Britney“ und „Whitney“ hielten sie nichts. Doch vor Danzig haben sie sich hingekniet, vorm obskuren Horror-Rocker Glenn! Für „Mother“ hatten sie sich entschieden! Und „Mother“ kam wirklich schön. Fuck Britney, fuck Whitney! Kitty Ahoi! Diese Damen würde man auch zu sich nach Hause einladen!
 
Ja, und heute war auch das vorletzte Konzi unter Regie von Herrn Echt. Bei ein bißchen Alkohol wurden gewisse atmosphärische Störungen ausgeräumt. Es muß ja nicht gleich Freundschaft sein. Gucken wir mal, wie es mit dem Lädchen weitergeht.
Um 23.10 Uhr standen die Cow-Punks THE HANGMEN auf der Bühne. Jene gibt´s bereits seit 1984. Die Amis waren zu viert gekommen. Mit noch ´nem Girl voll drallen Sex-Appeals heute abend. Angelique, so hieß der steile Zahn am Bass, konnte glatt als Zwillingsschwester von Dead Moons Toody durchgehen. In die Sechssaitige wiederum griff Jimmy „The best guitar player of Los Angeles“, mit den Stöcken wirbelte „The mighty Mighty“ Todd, und am Mikro hing der sechssaitenschrubbende Vokalist Bryan Small. Der wiederum entpuppte sich als schrulliger Mischling aus Tom Petty, Mick Jagger und Johnny Rotten. Und alle zusammen schnürten sie ein keckes Bündel aus AC/DC, Stones, Stooges und Johnny Cash. Eingebettet in stimmungsvolles Licht changierten The Hangmen zwischen wilden Punkrockern wie „Rotten Sunday“ oder „Cry Cry Cry“ und gedrosselten Wildwest-Weisen wie „I Luv U“ und „Kiss for You“ hin und her. Frug Small, ob der „next song fast or slow“ sein soll - und keiner antwortete -, war er eher an der schnellen Version dran. Mit dieser Vorgehensweise hatten sich die Brüder und Schwestern John Waynes nach einer halben Stunde eine große Anzahl von Rodeorockern aus den Handgelenken gewichst. Es gab zwei Zugaben, doch insgesamt war der Ritt zu kurz. Weit vor Mitternacht war der letzte Ton verhallt...
 
Gleich darauf stand Small verschwitzt und wackelig hinterm Andenkenstand. Wir kauften das Live-Album 'We´ve Got Blood On The Toes Of Our Boots'. Die exotischen Euro-Münzen vermochte der Chef zwar nicht mehr zu zählen - „My head is empty“ - aber er war ja nicht zum Handel gekommen, sondern zum Rocken. Und das haben Small und Gefolge verdammt getan!
 
 
Heiliger Vitus, 14. Januar 2003; Bilder: Peanut und Vitus