THE OBSESSED, THE WRIGHT VALLEY TRIO
D-Wiesbaden, Schlachthof (Kesselhaus) - 21. Mai 2023
Fuckin´ Wino rules, fuck, yeah! Wino war zurück, um unsere Herzen zu wärmen. Nicht mit Saint Vitus, nicht mit Spirit Caravan oder Wino, sondern mit seiner ersten Liebe The Obsesssed! Über acht Jahre war es her, daß die Seele des Doom erstmals wieder von USA über den Großen Teich nach Europa kam. 2014 war er in Norwegen mit verderberischen Substanzen erwischt und mit Einreiseverbot bestraft worden. Nach mysteriösen Absagen gab er nun tatsächlich dreiundzwanzig Rituale in der Alten Welt - vom Desertfest in Berlin bis hin zum Hellfest im französischen Clisson. Auch für Peanut und mich war das Wiedersehen mit Wiesbaden eines nach langer Zeit. Vor fünf Jahren waren wir an selber Stelle bei Pallbearer und Ruby The Hatchet. Richtig gruselig wird einem da. Merkwürdigerweise kamen zu den jungen Doomern aus Arkansas mehr Leute als zur Legende als Maryland. Einhundertfünzig pilgerten zum Doom vor fünf Jahren, am heutigen lauschigen Sonntag im Mai waren es lediglich hundert. Auch Big Simonski aus Koblenz und den langhaarigen Blondschopf Marcus vom Rockstage-Riot hatte es rheinauf und rheinab nach Wiesbaden verschlagen.
Die ursprüngliche Vorgruppe IRON WALRUS war wegen „extremen Terminüberschneidungen, privaten sowie beruflichen Problemen gezwungen, sämtliche Konzerte im Mai abzusagen“. Der Schlachter hatte um „Ideen, Wünsche für einen neuen, halbwegs lokalen Support“ gebeten. Aus acht wurden THE WRIGHT VALLEY TRIO aus Wiesbaden gewählt. Die Bühne war in tiefes Blau getaucht, als wir halb neun eintrafen. Damit hatten wir den Großteil des nach einem riesigen Trockentals in der Antarktis benannten Dreibundes verpaßt. Die restliche Viertelstunde türmten Von Doom, Rob und Matze eine Wand aus stonerig verwaschenem Drone Doom in endloser Zeitschleife vor uns auf. Es dröhnte wie im Maschinenraum eines Ozeandampfers. Leider ist diese Art des Doom - die Abwesenheit von Schönheit und Harmonie - seit Sunn und Sleep das vorherrschende Stilmittel für eine gewisse Ideenlosigkeit und ein Zeichen der Verarmung des Geistes. Dafür standen auch Aufnäher mit Sunns (((O)))-Emblem, welches zu antifascist O))) umgewandelt war. Und dies in Gegenwart von The Obsessed... Die Pause wurde von Van Halen beschallt - „Ain't Talkin' 'bout Love“,,,
Von THE OBSESSED zu erzählen, wäre ein Lebenswerk. Die mystische Geschichte der Amis begann Mitte der Siebziger als Warhorse. 1980 tat sich Gründer Scott „Wino“ Weinrich mit Mark Laue, Johnny Reese und Dave Flood zusammen und änderte den Namen in The Obsessed. Neben Saint Vitus, Trouble und Pentagram gehören The Obsessed damit zu den ersten und wichtigsten Gruppen des Doom Metal überhaupt. Wobei „Die Besessenen“ treu ihres Gedankens „If It Ain't Heavy It Ain't Shit!!!“ und einer Mixtur aus Doom, Stoner, Rock und Punk deutlich sperriger, spiritueller und heftiger als die Weggefährten daherkamen. Auszeiten, Auflösungen und Auferstehungen mit namhaften Akteuren des US-Undergrounds folgten, nicht alle leben noch. 2023 bestanden The Obsessed aus Wino, Jason Taylor, Chris Angleberger und Brian Costatino. Wie im Überwerk 'Lunar Womb' zauberten die Vier zu Beginn mit „Brother Blue Steel“ einen treibenden Doomrocker in die Meute. Langsam und mit seherisch zum Himmel gerichtetem Blick bauten The Obsessed nun eine magische Stimmung auf und malten ein Gemälde von einer guten alten Welt. Dabei veränderte Wino den Reigen an Hymnen etwas, um seine Perspektive um innere Kämpfe, Gesellschaft, Religion, Leben und Tod mit sarkastischen wie warmherzigen Ansagen noch zu verstärken - derweil im Wechsel psychedelisches Violett, reines Weiß und wildes Purpur übers Podium wehte. Blondschopf Taylor, in den Achtzigern mit den kanadischen Heavies Disaster Area unterwegs, agierte als Rhytmusgitarrist und Co-Sänger mit umwerfender Energie. Natürlich doomten auch die ergrauten Langmähnigen an Bass und Batterie sehr. Wobei Angleberger seine Liebe zu Saint Vitus als Shirt und in die Haut gestochenes ´V` trug, und Costatino als Mitglied von Spirit Caravan blind mit Wino harmonierte. Wino selbst doomte ohnehin auf einem anderen Stern. Die ganze Gruppe wirkte klar und konzentriert und die Authentizität stimmt bei Wino und Konsorten ja sowieso immer. Zudem war die Liedauswahl auf höchstem Niveau. Sie gipfelte im heimlichen Höhepunkt „Hiding Mask“ mit der Zeile „Just a shadow... I love you'“. Und dabei schafften es Ewigliches wie „Kachina“ oder das laut geforderte „Back to Zero“ noch nicht mal ins reguläre Programm. Nach einem tiefen Schluck Bier ließ Wino „Tombstone Highway“ und Freedom“ von der Kette, und hauchte so den kantigen Anfangsjahren neues Leben ein. Welch ein Ritual! Ein Wermutstropfen fiel nur am Andenkenstand mit Nickis in Harley-Optik, Flachmännern, Feuerzeugen und CDs von Winos Soloprojekt. Was wird wohl sein, wenn Wino auch den letzten Zahn verloren hat, seine Ansagen unverständlich sind, doch jedes seiner gesungenen Worte wie ein Flammenwerfer durch den Raum weht? Die Gedanken werden wehmütig. Könnte die heutige Nacht mit Wino die letzte gewesen sein? Während sich seine Mitstreiter als Roadies verdingten, kam der Unberührbare noch mal raus und verteilte Autogramme.
 
 

((((((Heiliger Vitus)))))), 24. Mai 2023
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
THE WRIGHT VALLEY TRIO
(20.15-21.00)
Unbekannt / Spielten ohne Liste
 
THE OBSESSED
(21.00-22.18)
1. Brother Blue Steel
2. Streamlined
3. Sacred
4. To Protect and to Serve
5. Blind Lightning
6. Be the Night
7. Streetside
8. Punk Crusher
9. Endless Circles
10. It's Not OK
11. Skybone
12. Hiding Mask
13. Sodden Jackal
14. Stoned Back
15. LSD (Lost Sun Dance) [Spirit Caravan]
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16. Tombstone Highway
17. Freedom
R.I.P.
 
Zwei Tage nach dieser Nacht verabschiedete sich Winos langjähriger Gefährte, der Mitgründer, Bassist und die gute Seele von Saint Vitus, Mark Adams für immer ins Himmelreich.
 
God bless you, Mark Adams!