TIDES FROM NEBULA
D-Frankfurt am Main, Das Bett - 7. Juli 2011
Wären die Lehrmeister aus Amerika gekommen, wäre das „Bett“ zum Platzen voll gewesen. So jedoch kamen Polacken - und in der Halle hinterm Römerhof verloren sich 26 liebestolle Studenten, dazu drei vom Personal und sechs von der Band. Wer pünktlich zum Einlaß um acht erschien, mußte obendrein lange leiden: Man hatte auf mehr Besuch gewartet. Unerträglicher Elektropop diente als Untermalung. Und um ein Haar wäre ich postwendend wieder abgezogen. Es waren eigentlich nur die geblechten zwei mal zwölf Euro Eintritt, die Peanut und mich verharren ließen.
Aber dann war der Osten offen. Ab 21.32 Uhr strömte Post-Metal durch die Halle. Waleszynski, Karbowski, Weglowski und Stolowski, sprich TIDES FROM NEBULA, vier Warschauer im Studentenalter, spielten ihre Ouvertüre namens „These Days, Glory Days“. Vom Podium tönte reiner Instrumentenrock unter Verzicht auf Gesang. Nichts Neues unterm Himmel der Progressionen, weiches Geplänkel, friedvolle Spinnereien, alles nur abgeguckt: das traf auch auf „White Gardens“ zu. Vieles ließ an die jungen Datura denken. Das änderte sich aber mit dem vierten Stück. Dieses hieß „The Fall of Leviathan“, es begann zwar auch rauschhaft-wehmütig, gipfelte aber in einem ungeheuren Donnergebraus über mehrere Minuten hinweg. Von da an blühten die Polen auf. Die folgenden Stücke, darunter „Siberian“, wurden unter großer Hingerißenheit dargeboten. Das kleine Auditorium wurde mit einem wahren Labsal für Augen und Ohren belohnt. Die Finger flogen nur so über die Saiten, Arme propellerten durch die Luft, Gitarren reckten sich, Bässe drückten und sprudelten nur so über, Körper krümmten sich in Ekstase, schon überspitzt mitunter. Tides From Nebula ließen den Himmel explodieren - und brachten Schiffe zum Sinken. „Cemetery of Frozen Ships“ und „Hypothermia“ ließen einen mit ihren kalten, sonarähnlichen Trossen fast das Blut gefrieren. Eine Schande, daß das nur so wenige erlebten. In leisen Durchsagen wiesen die Polen auf ihre lange Anreise hin und baten fast überhöflich um den Kauf ihrer Platten. Zwei düstere Teile - das Letzte absolvierten die beiden Sechssaiter im Publikum stehend - leiteten das Ende ein. In der Verlängerung brachten die Tides ihren „very first song“, einen, der etwas an Omega Massif erinnerte, wenn mich nicht alles täuscht: „Tragedy Of Joseph Merrick“. Hochenergetisch doomige Einschläge besiegelten eine volle Stunde. Tides From Nebula waren ein Knaller! Doswidanja!
 
 
Heiliger Vitus, 10. Juli 2011