YOB, BLACK COBRA, CREMATION
D-Wiesbaden, Schlachthof (Kesselhaus) - 19. September 2016
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gleiche liegt sehr nah?... Frau P. und ich hatten über eine Reise zu Yob und Black Cobra im doomigen „Z-Bau“ von Nürnberg nachgedacht - uns dann aber zu einem neuerlichen Abstecher in den Wiesbadener „Schlachthof“ entschlossen. Eine kluge Entscheidung! Denn auf die Faszination durch Sunn O))) vor 17 Tagen in der Großen Halle folgte heute der tiefe Fall im Kesselhaus. Doch durch die Nähe von Frankfurt und Wiesbaden blieb zumindest unsere Reisekasse verschont. Den Frust in Nürnberg wage ich mir überhaupt nicht vorzustellen!
 
Die kurzerhand auf den Tourtroß aufgesprungen Todesmetaller CREMATION - für die der Beginn extra eine halbe Stunde vorverlegt wurde - hatten wir uns nicht angetan. „Make love, not death“ war das bessere Programm am frühen Abend. Unser Bekannter, der Murmler aus Frankfurt, gab später Folgendes durch: „Da ich mit Deathmetal in 9 von 10 Fällen nicht viel anfangen kann, waren die Schweizer für mich sympathisch, aber verzichtbar.“ Unterdes blieb es für uns nicht nur beim Verzicht auf Death Metal aus dem Wallis. Es ging wieder gegen die Marter in der S-Bahn, und im Kesselhaus eingetroffen, stand noch mehr Durchhaltewillen bevor...
Daß Jason Landrian und Rafa Martinez für langsame, tiefe und intensive Musik keinen Sinn haben, war schon nach deren Auftritt vor einem Jahr vor Acid King zu erahnen. Auf der anderen Seite entfachten BLACK COBRA ein regelrechtes Inferno aus hart surrenden und peitschenden Trossen, spartanischen, alles durchdringenden Keulen, und wahnwitzig herausgegarsteten Visionen mit Neigung zu Depressionen. Ein Blinder hätte wohl ein sechsköpfiges Geschwader auf der Bühne vermutet. Aber es waren nur zwei! Nachdem sich der Klub von anfangs dreißig mit nach und nach hundert Leuten licht aufgefüllt hatte, verband das Doppel aus der Bucht um San Francisco Elemente von Sludge, Noise und Speed Metal zu einer Art Postgrindcore. Ferner war die heutige Schau um einiges satter in der Optik und fetter im Ton als noch im alten Mai. Allein die wild ins Gesicht hängenden und unentwegt wirbelnden Matten boten den reinsten Augenschmaus. Nur Doom war es nicht.
Nach der Anfangsszene mit einem kaum minder fulminant heruntergerasselten Teil war schnell klar: Auf Doom hatten wir heute wieder mal vergebens gehofft. Mit dem zweiten Quickie war das Karma aus alten Tagen vollends verpufft. Wenn ich von 'Elaborations Of Carbon' rede, meine ich den stoner- und spacedoomigen Kometeneinschlag von YOB aus der Jahrtausendwende tief im Geiste von Sleep. Der Tonträger war von „All That´s Heavy“, Albuquerque, New Mexico über die Nordhalbkugel nach Frankfurt am Main gesegelt. Aber dieses Teil kannten die meisten im Schlachthof sowieso nicht mehr, und es wurde von Yob, Oregon - wie auch der Zweitling 'Catharsis' - mit keiner Note bedacht. Mike Scheidts markanter, weltentrückt-trauriger Aliengesang ist längst Geschichte. Heute kam die Stimme des Meisters harsch und stringent durch die hochmoderne Beschallungsanlage vom Kesselhaus. Der Gitarrist und Sänger glänzte als Fistraiser. Hohle Flosklen wie „We are far away from home, and it feels warm to be here“ und cool mit Wasserflaschen ins Publikum prosten, standen oft direkt nebeneinander. Andererseits machten Yob (rückwärts gelesen „Boy“) ihre Sache als US-Postmetaller ganz gut. Und in der dritten von einundreißig Konzernächten in Europa funktionierten Scheidt, Rieseberg und Foster bereits wie ein gut geschmiertes Zahnrad. Nur von Doom waren sie Lichtjahre entfernt. Unsere Sehnsucht danach war in Wiesbaden ein weiteres Mal im wahrsten Sinne des Wortes unter Torturen erkauft. Final stand eine Metzelorgie im mittleren Tempo aufgelockert durch zwei Feuerzeugballaden in der Mitte und am Ende. Was noch auffiel: Beide Frontmänner - sowohl der von Black Cobra wie der von Yob - trugen dicke, schwarze Hornbrillen, die sie wie in einer Art zeitversetzter Synchronität direkt vor und nach dem Auftritt ab- und wieder aufsetzten. Mit böser Zunge gesagt: Die beiden lieferten eine parallele Performanz zum Thema Älterwerden.
 
Nach einem Bourbon an der schicken Bar des „60/40“ sind Frau P. und ich im Lumpensammler nach Frankfurt heimgekehrt. Im Unterschied zur Nacht mit Sunn vor zwei Wochen, verlief immerhin die Rückfahrt frei von Belästigungen jeder Art. - So, und jetzt gehen wir raus in den heimischen Garten und pflanzen dort ein Apfelbäumchen.
 
 

Heiliger Vitus, 21. September 2016
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
CREMATION
(20.00-20.30)
Titel unbekannt
 
BLACK COBRA
(20.40-21.26)
Titel unbekannt
 
YOB
(21.56-23.10)
1. Ball of Molten Lead
2. Atma
3. Breathing from the Shallows
4. The Lie That Is Sin
5. Marrow
6. Burning Altar