BEEHOOVER, ZWISCHENMENSCH
D-Frankfurt am Main, Ponyhof - 28. Mai 2017
Zwei Gruppen, ein Ziel: Stilgrenzen knacken! Unter diesem Motto stand das Konzert mit den Freigeistern Beehoover und Zwischenmensch. Wie in einer Vorsehung hatten Frl. Peanut und ich zur Anfahrt diesmal die U-Bahn genommen. Die flottere S-Bahn hätte uns den Abend nämlich glatt versaut: Im Bahnhof Frankfurt-Süd war ein Vogel in den Trafo gestürzt und hatte Feuer ausgelöst. So trafen wir noch rechtzeitig in der Klappergasse in Alt-Sachsenhausen ein. Dort erwartete uns eine kleine Schande: Bei schwüler Hitze verloren sich nur zehn Zahlende in dem chilligen, heute aber höllisch heißen Klub. Dazu kamen die Türsteher, der Schankbursche und Chef Heilig selbst. An einem Tischlein lehnten auch die Beiden von Beehoover. Die zwei einzigen weiblichen Gäste saßen benommen am Boden. Man hatte vergessen, die Belüftungsanlage einzuschalten...
Besonders die Ersten mußten hart im Nehmen sein. Aber schließlich wollten ZWISCHENMENSCH mit ihrem Post Hardcore keine Herzen brechen, eher Knochen! Zwischenmensch waren durch ein Angebot von Beehoover auf die Veranstaltung aufmerksam geworden - und hatten zugesagt. Sie kämpften aber nicht nur gegen die Minuskulisse und Gluthitze an, auch das Licht war zu grell, der Klang zu brachial und für den winzigen Ponyhof ohrenzerreißend laut! Zwischenmensch schwammen in ihren Körperflüssigkeiten wie in einer Wanne. So was hatten die vier Südhessen bei ihrem Debüt in Frankfurt eigentlich nicht verdient. Wenngleich nur was für eingefleischte Hardcorefans, fräste und schrie sich das Rudel immerhin mit vollem Einsatz durch die Welten des Post-Krawalls. Zwischenmensch waren nah dran am Milieu mit ihrem harten Stoff auf Deutsch! (Weniger indes die Anstiftungen zu einem Moshkreis bei der Kulisse.) Wobei die Performanz als solche noch einer Rohversion glich. Ebenso wich das letzte Lied mit seiner Länge und einem maschinellen Industrial-Charme wohltuend vom Rest ab.
Oh nein, dachte ich, als BEEHOOVER mit der Frage „Ist hier jemand aus Frankfurt?“ loslegten. Denn „Embers“ setzte exakt da an, wo Zwischenmensch endeten. Doch nach „Dance Like a Volcano“ rollte eine gewaltige Lawine auf uns zu. Beehoover zelebrierten ihren eigenwilligen, unduchschaubaren, mitunter sprunghaften Mix aus Stoner, Noise und Indierock. Kyuss bildeten das hypnotisch hupende Fundament, schräge Melvins steckten drin, und schiefe Tool und Helmet. Doch final waren es Beehoover, die uns mit einem knochenhart gehackten Viersaiter, der hellen - heute auch sehr verletzlichen - Singstimme von Doc Petersen (Hamisch blieb stumm), und dem fein ausbalancierten, effektreichen Schlagzeug verwöhnten. Seit Ewigkeiten begann ich mich auf einem Konzi in Frankfurt wohl zu fühlen. Die von Beehoover ausgelösten Turbulenzen waren Morphium fürs Gemüt. Ich hatte das Gefühl, die Zeiten unserer ersten Begegnungen beim Doom Shall Rise 2006 - elf Jahre ist es her: für Ingmar schon unwirklich lang her - kehrten zurück. Doch konnte das sein? Mit ihrer Minibesetzung waren die Württemberger Anfang der Zweitausender Vorreiter einer neuen Bewegung, zu deren Nachahmern auch Mantar und Black Cobra zählten. Sie haben es nie bis nach oben geschafft - genau wie ihre Fans. Zu zweit tingeln Petersen und Hamisch durch Klubs - und könnten doch Hallen füllen.. Die Beiden taten jedenfalls alles für einen superschönen Abend voll britzelnder Tiefe, mit Kraft und Hingabe bis an die Grenzen. Während der wie stets barfuß spielende Ingmar von Anfang an kniekehlenabwärts klitschnaß war, blickte sein Gegenüber später mit bitterer Ironie auf seinen Daumen und befand, der sei „ein Fall für den Medical Service“. Claus hatte getrommelt, bis ihm im wahrsten Sinne des Wortes das Blut von den Fingern spritzt. Aber: „Immerhin klebte der Stock so besser in der Hand!“ Gewissermaßen in bildlicher Verbundenheit mit den Blutrockern Gwar doomten sich die „Bienensauger“ querbeet durch ihr Schaffenswerk. Wuschige Altigkeiten wie „A Full Smelling Wheel Called Downhill“, „The Sun Behind the Dustbin“ und „Damn You, Charlie Brown“ waren genau so vertreten wie knackige Neuigkeiten. Final standen 66 hochgradig intime Minuten für die Ewigkeit.
 
 
Heiliger Vitus, 31. Mai 2017
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
ZWISCHENMENSCH
(21.00-21.40)
1. Intro
2. Imaginär
3. Mitläufer schlägt König
4. Inszenierte Welt
5. Astro TV
6. Fremde Schultern
7. Alle warten
8. Schönheit & Chaos
9. Impro
10. Zeit zerfrisst
11. Outro
 
BEEHOOVER
(21.57-23.03)
1. Embers
2. Dance Like a Volcano
3. Boy vs. Tree
4. Pissant Wings
5. A Full Smelling Wheel Called Downhill
6. Counted is Bygone
7. Monolith
8. Stanislav Petrov
9. Rocking Chair
10. The Sun Behind the Dustbin
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11. Pain Power
12. Yellow Mile
13. Spirit Crown
14. My Artillery
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15. Heavy Zooo
16. Damn You, Charlie Brown