CODES IN THE CLOUDS
D-Frankfurt am Main, Das Bett - 23. Januar 2011
Notdürftig und ohne Werbung war das „Bett“ heute gemacht. Sehr kurzfristig hatte man sie eingeschoben, Englands Postrock-Clique Codes In The Clouds. So ergab sich auch keine Gelegenheit für eine zweite Gruppe zur Unterstützung. (Wobei sich die gedachten Daturah ohnehin rar machten.) Ferner bezweifelte Klubbetreiber Frank, ob eine Vorgruppe am heutigen Sonntag überhaupt mehr Leute mitgebracht hätten. Schließlich wäre der Start in die Arbeitswoche entsprechend anstrengender ausgefallen... Am Ende stellten vierzig Personen das erneut dünne Auditorium im Bett: allesamt Anhänger des Anspruchsvollen, wie das hier so üblich ist. Nachdem die ersten Getränke gestürzt und der Chef noch rasch eine qualmen war, ging es 21.33 Uhr los.
„Where Dirt Meets Water“ hieß der Auftakt, der sich im Mittelmaß des Instrumentenrocks verorten ließ, und der in einer händeabklatschenden Flamenco-Einlage des Leitgitarristen mit dem Viersaiter endete. Dieser Temperamentsausbruch sollte aber der einzige seiner Art bleiben. Denn mit dem folgenden „Don´t Go Awash In This Digital Landscape“ wurde alles Wesensfremde vertrieben und die feine Subtilität des Postrock erstrahlte nun in voller Pracht. Auf eine rätselvolle Stille krachten stiltypische Explosionen, die sich unter einem ungewohnt harschen Timbre durch die Halle schoben. Um es mit dem Gruppennamen zu sagen: Diese Klänge waren wie eine Verschlüsselung von ruhig dahinziehenden Wolken mit plötzlich aufbrausendem Blitz und Donner. Und es war schon sehr verwunderlich, wie scheu, ja unterwürfig fast, der Leitwolf die Gruppe vorstellte. „Hi, we are CODES IN THE CLOUDS. We are a bit tired... because of touring a few weeks... perhaps... don´t know why...“ Etwa so hatte sich die entschuldigende Begrüßung angehört. Steve hatte dabei ganz vergessen, daß auf der Bühne auch ein Mikro stand. Er hatte das - wie auch alle weiteren Mitteilungen - einfach so in den Raum geflüstert. Codes In The Clouds waren aus der Grafschaft Kent gekommen, und Stephen Peeling, Ciaran Morahan, Rob Smith, Jack Major und Joe Power, das waren die Namen der Mitglieder hinter den drei Gitarren, dem Bass und Schlagzeug. Codes In The Clouds spielten Post Rock unter strikter Vermeidung von Gesang. Das ganze orientierte sich aber weniger an den orchestralen Mustern, sondern kam ohne langen Schmus auf den Punkt. Codes beschenkten Frankfurt mit explodierenden Luftschlössern, die selten die Fünf-Minuten-Marke erreichten. So ergaben sich dann immerhin zehn schöne Ambientrocker, von denen besonders „Cold Calls“ und „Look Back, Look Up“ herausstachen. Die Ansage des letzten Liedes brachte eine Zuschauerin sogar dazu, ein protestierendes „No!“ herauszustoßen. Übergangslos lieferten die Engländer dann noch ein Elftes. Es waren die „Distant Street Lights“, die den Seelentrip von der Insel nach 64 Minuten submaximal beschloßen.
 
Wie in einer Wiederholung der Ereignisse traf man am Händlertisch auf denselben Wucher wie vor zwei Wochen bei der Bloodgroup: Die erste Compact-Disc war für 10 Euro zu haben, die aktuelle für 15 Euro, das Vinyl für gepfefferte 20 Piepen. Angeblich lagen allein schon die Herstellungskosten bei sechs Euro. Stellt sich die Frage, wie man in den Achtzigern Schallplatten für 15 Mark (!) kaufen konnte...
 
 
((((((Heiliger Vitus)))))), 26. Januar 2011
(Bilder: Hl. Vitus)
ABSPIELLISTE CODES IN THE CLOUDS
1. Where Dirt Meets Water
2. Don´t Go Awash In This Digital Landscape
3. You And I Change Like Seasons
4. You Are Not What You Think You Are
5. Cold Calls
6. The Reason In Madness, The Love
7. The Tragedian
8. Look Back, Look Up
9. Your Panopticon
10. Washington
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11. Distant Street Lights