DOOM SHALL RISE V
 
FORSAKEN, EARTHRIDE, MEMORY GARDEN, MAEL MÓRDHA, MY SHAMEFUL, LOW MAN´S TUNE
D-Göppingen, Chapel - 27. April 2007
Prolog
 
Auch im fünften Jahr seiner Existenz stand das Szenefest in Göppingen für verschärfte Erregungen. Während DOOM SHALL RISE für manche Ansporn zum weiteren Leben ist, bedeutet es für andere monatelange Arbeit im Vorfeld, für viele ist es Ehre, mal leibhaftig auf oder unterm Geviert zu stehen (um sich im Doom zu suhlen), für manche hält die Chapel als Alibi vorm Partner her (um sich heillos zuzurußen); wiederum andere feiern im Ländle amouröse Stunden, und irgendwann wird DSR auch Destination für eine Hochzeit oder Himmelfahrt sein. Frau Peanut und ich zählten diesmal zu den Glücklichen. Endlich durchkreuzte Doom Shall Rise nicht unsere Marathonpläne. Am 22. April hatte sich für uns der exklusive Läufertraum vorm Buckingham Palace erfüllt. Wir waren gerade wohlbehalten vom London-Marathon heimgekehrt - und drei Tage später ging es mit Doom weiter. Eine viel zu kurze Zeit, um alle Gefühle auch nur im Ansatz zu verarbeiten.
 
Freitag, 27. April (1. Tag)
 

Als wir uns in den Zug nach Stuttgart setzten, ratterten die Gedanken immer noch in den Straßen von London herum - beim „Marathon of Doom“. Wir waren noch Gefangene des eigenen Einsatzes. Doch nun galt es, die Fronten zu wechseln. Das waren Schock und Selbstverletzung in einem. Genug geheult. Und um keine weitere Stichelei wie Hellwegs „Du hast jedesmal eine andere Ausrede“ zu erleiden, fang´ ich auch gleich mal an... Nach 2006 ist manches anders geworden. Die Bühnengitter waren verschwunden. Ebenso die raren Sitzgelegenheiten (und das bei einer Gesamtlaufzeit von 18 Stunden). Auf 35 Euro hatten sich die Eintrittspreise angehoben. Das Schlimmste jedoch: Dem Doom Shall Rise laufen die Anhänger weg! Die fünfte Ausgabe war nicht ausverkauft. Neben einhundert Akteuren und deren Samariter hatten sich nur vierhundert Zahlende nach Göppingen verirrt - noch mal achtzig weniger als vor einem Jahr! Abgesagt hatten ferner die großen Reverend Bizarre! Soweit die ernüchternden Fakten...
Schlag sieben prasselte in der Chapel der Sludge los. Nach der Erkrankung im Vorjahr hatten sich LOW MAN´S TUNE endlich zum Nabel der Doomwelt durchgewühlt. Eine zu langsame Droschke war schuld, daß uns „Zero“ gänzlich und „Numb“ zu großen Teilen entging. Ab „My Heart“ war ich jedoch haarewirbelnd im ersten Sturm, worauf der Frontmann verkündete: „Ein obligatorischer Dank an Jochen Fopp und den Heiligen Vitus!“: 2004 erstmals in Aktion erblickt, hat sich in der Welt von Holger, Patte, Alex und Renate (der eigentlich Rene heißt) seither nichts verändert. Es ist keine schöne Musik, die der Trupp aus Cottbus und Potsdam fabriziert. Nichts mit Orgeln, weinenden Göttern und fallenden Engeln, keine epischen Längen. Nein, Low Man's Tune kommen mit der Energie des Hardcore auf den Punkt. Die Sounds sind krass, schroff, dräuend und häßlich. Kurzum: Es ist überhaupt nicht schön, was man von Low Man's Tune bekommt. Es sind Lieder von der Straße von vier Männern aus Ostdeutschland. Lieder von da, wo es weh tut, tief aus der Seele, und von ganz großen Herzen! Für alle, die sich darauf einlassen, sind LMT aber auch schlichtweg absolute Killer!
Bei schmerzendem Tageslicht draußen vor der Chapel schlug die Stunde für das nächste Extremkommando. Wie zu erwarten, ging MY SHAMEFUL unter diessen Umständen die alles verschlingende nihilistische Ausstrahlung verloren. Eine zehnminütige Verweigerung der Technik ruinierte die durch „Scattered Ashes“ erzeugte Aura fast gänzlich. Und jetzt sollte auch noch ein Stück der Zeit zum Opfer fallen... Damit waren langmähnige Chefsuizidologe Sami Rautio und seine Gefährten Hahn, Twist und Fröhling nach „Scattered“ und der Unterbrechung bereits auf halber Strecke angelangt - noch bevor alles begann. Man lieferte in der Folge eher mittelschnellen, morbiden Death Doom als irrational zähen Funeral. So kam es, daß die Rotte aus Finnland heute weder von Haß und Lebensverneinung, noch von Tod oder Freitod, sondern vom strengen Marschplan des Doom Shall Rise geführt wurde. Indes sich der durchgebrannte Twist - mit dem ich kurz sprach - in seiner Materie nicht beeinträchtigt fühlte: My Shameful nahmen alle Widrigkeiten mit rußschwarzem Humor.
Zu Beginn der zehnten Stunde spielten die Exoten auf. Sie hießen MAEL MÓRDHA. Der Name stammte aus dem Irisch-Gälischen. Mael Mórdha stand für einen alten König. Ein Rudel aus fünf kampfeslustigen Männer hatte die Planken geentert. Söhne der keltischen Ahnen mit langen Haaren, rot-blauer Kriegsbemalung, alten Kilts und „Gaelic Doom Metal“ im Sturmgepäck. Mael Mórdha entführten Göppingen mit volkstümlichem Tamtam, majestätischen Gitarren, stampfenden Bässen, Kriegsgeschrei auf Gälisch und einer temperamentvollen, feurigen Performanz reich an Glorie, Heldentum und Wallawalla in die Welten von Fantasy und Mythen. Mit Liedern wie „Winds of 1000 Winters“ und „Men All Hate to Love“ gingen die Krieger von der grünen Insel ab wie angeschossene Heiden und die Mittelalterrocker In Extremo in einem. Aber sie waren kein Doom. Punkt.
Die 1992 gegründeten, nach dem Trouble-Lied „Memory´s Garden“ benannten, und als neue Candlemass gehandelten Tre Kronor MEMORY GARDEN waren so was wie die stilübergreifenden Magneten des diesjährigen DSR. Nicht zuletzt der blonde Recke El Hulle war extra für Memory Garden von Hessen ins Ländle gereist (und Hulle weiß, was heftig ist!). Indes, was soll all der Heldenkult, ein Starkino aus wild posenden aber absolut in die Jahre gekommenen Promi-Metallern, wenn die Musik belanglos und sterbenslangweilig ist? Meister Berglund und seine Komplizen lieferten einen Mummenschanz aus Power Metal und Epic Doom, ein fluffiges Ding aus glockenhellem Geschmachte (Originalton Micha: „Die Stimme ist furchtbar“) und getragenem Gitarrengewuchte in steriler Hochglanzoptik. Gesehen, gehört - und holterdiepolter verpufft. Tur mir leid, alter Schwede: Das war entsetzlich!
Derb, derber, EARTHRIDE. Den Überlieferungen nach sind Spirit Caravan an Drogen zerbrochen. Mit Ex-Wretched- und Spirit-Caravan-Vokalist Dave Sherman stand heute einer aus diesen Tagen in Göppingen leibhaftig hinterm Mikro von Earthride. Bekehrt, belehrt? Pustekuchen! „Sherm“ ist „special“. Auch 2007 kiffte er mal ruckzuck eine Tüte Gras weg. Eine Einkaufstüte! Wobei er kein Lump war und eine Handvoll abgab... Eine weitere Legende gibt bei Earthride den Takt vor: Ex-Internal-Void-Drummer Eric Little. Earthride servierten einen Mix aus zähem Doom Rock, versumpftem Boogie Blues und verbotenen Drogen jeder Couleur. „Pure Maryland doom for the brotherhood of music“ nannten ihn die vier Freaks. Zum abgewrackten Krach gesellte sich die selbstmörderische Performanz des Scumfucks Sherman, der sich mehrmals mit der Mikroschnur fast selbst strangulierte. Nachdem der Herr neben einem Venom-Cover „Fighting the Devils“, „In the World I Live“ und „Valiume 10“ zum Besten gegeben, und lauthals wild in die Botanik spuckend „Pills, cocaine, cocaine, cocaine, pills!“ gefordert hatte, wird er sich tags drauf (bei Stereochrist) als Bauchklatscher versuchen und mit einer zertrümmerten Ferse als tragische Figur des DSR im Krankenhaus landen. GG Allin lebt und die Amis waren kaputt am Anschlag!
„Happy birthday to you, happy birthday to you... „ beantwortet mit einem tränenerstickten „This is the happiest birthday of my whole fucking life“: Das war der Beginn des Gegenentwurfs zu den neurotischen Yankess weit nach Mitternacht durch FORSAKEN, Malta. Die Menge hatte Leo Stivala zum Fünfunddreißigsten gratuliert, und der dankte es. Unvergeßlich auch vier Jahre danach: das so voller Herzblut steckende, alles umwerfende Forsaken-Spektakel beim ersten Doom Shall Rise. Es waren Forsaken, die dem Festival erstes Leben einhauchten. Doch die Uhren ticken weiter - und im Lager der Südeuropäer fehlte ein für ihre sakrale Aura wichtiges Instrument, das bei den meisten Gruppen überflüssig ist, für Stivala, Bell, Vukovic und Gatt aber das Überleben bedeuten könnte: die Orgel! Ohne zu pesten: Forsaken in Metalbesetzung mit Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug blieben weit unter den Erwartungen. Der überbordende Feuerzauber von einst war einer rundfunktauglichen Schau 2007 gewichen. „Bleiben oder Gehen?“, haben wir uns gefragt. Mit Rücksicht auf meine anginahaft einsetzenden Halsschmerzen war für die Hasseröder-Crew sowie Frau Peanut und mich die Messe um halb zwei nachts gesungen.
 
 
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Heiliger Vitus, 10. Mai 2007
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
LOW MANS TUNE
(19.00-19.45)
1. Zero
2. Numb
3. My Heart
4. All Cometh Down
5. School
6. Nothin´
 
MY SHAMEFUL
(20.03-20.55)
1. Scattered Ashes
2. And Waters Will Close
3. This Same Grey Light
4. One Lost
5. It Can´t Get Worse
 
MAEL MORDHA
(21.10-22.00)
1. Curse of the Bard
2. Godless Commune of Sodom
4. Gaeltacht Mael Mórdha
5. Winds of One Thousand Winters
6. The Man All Hates to Love
 
MEMORY GARDEN
(22.20-23.05)
1. In Articulo Mortis
2. Judgement Day
3. River of Sludge
4. Forever
5. Dream Horizons/Hallowed Soil
6. Genesis
7. Carnage / Nameless
8. Beggars Anthem
 
EARTHRIDE
(23.20-0.22)
Unbekannt
 
FORSAKEN
(0.35-1.50)
Intro
1. Doominaeon
2. Daylight Dies
3. Wretched of the Earth
4. Via Crucis (The way of the cross)
5. The Healer
6. Carpe Diem
7. Kindred Veil
8. Where Angels Have Fallen
9. Obsidian Dreams
10. Resurgam
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