ESOTERIC, JARBOE, SECRETS OF THE MOON
D-Frankfurt am Main,
Nachtleben - 25. Mai 2009
(((O))) Esoteric waren ein weiteres Konzert welches mangels Anklang von der großen „Batschkapp“ in die Außenstelle „Nachtleben“ abgeschoben wurde. Aus den angekündigten vier Gruppen wurden dann auch nur drei (weder die auf diversen Flugblättern kursierenden Akrival aus Berlin, noch die auf der Eintrittskarte stehenden Amis Nachtmystium waren angetreten), und nicht Jarboe sondern die ultimativen Doomer Esoteric (die auf der Eintrittskarte überhaupt nicht erschienen) waren in Frankfurt der Hauptakt. Bei sengender Hitze hatten sich achtzig Besucher in den Keller unter der Konstablerwache gewagt.
Das Entsetzen war entsprechend groß, als wir um 21.20 Uhr nicht den erwarteten vierten Vortrupp erblickten, sondern SECRETS OF THE MOON, auf die ich so verdammt heiß war. Der neu ausgerichtete Trupp um den martialisch geklufteten und von hohen esoterischen Bildwänden umrahmten Shammash Golden, um Trommler Thrawn Thelemnar, Frau LSK am Baß sowie Gastgitarrist Arioch, hatte bereits die Hälfte des Weges hinter sich. Nichts war es mehr mit Headbangen zu edlem, spirituellen Black Metal, der manchmal auch doomige Momente hat. Die Niedersachsen stellten heute in erster Linie ihr Neugewerk 'Privilegium' vor. Heisere Anrufungen und ein Fegefeuer aus rasenden Riffs erzeugten die einmalige, bizarr frostige Stimmung. Aber der Anfang war uns entgangen, und mit „Queen Among Reds“ und einem mit den Gesichtern zum Schlagzeug gewandten Zirkel vollendeten die Secrets um 21.40 Uhr ihre Reise zum schwarzmetallischen Mond.
 
Als Trost für das Entgangene vermachte mir Esoteric-Trommler Fletcher im Wortsinne sein letztes Hemd: ein Exemplar aus der alten 'Epistemological Despondency'-Zeit.
Nach einem Umbau von vierzig (!) Minuten und ebenso vielen abgezogenen Menschen, waren um 22.20 Uhr JARBOE bereit. Die namensgebende Jarboe war Sängerin der achziger No-Wave-Ikone Swans aus New York, und wurde in ihrer neuen Kommune von vier unbekannten, jedoch körperlich ordentlich Betrieb machenden Männern flankiert. Von den Swans wiederum besaß ich mal einen Tonträger der Abspaltung Skin - welchen ich wegen Nichtgefallens jedoch verschleuderte. Jarboe führten die Blutlinie der Besagten fort, und lebten von der rauchigen Stimme und der okkulten Gestik und Mimik der in den Fünfzigern des vorigen Jahrhunderts geborenen Jane, die mich verdammt an Fear of Gods Dawn Crosby (R.I.P!) erinnerte. Zur Aura der Frontdiva gesellte sich eine avantgardistische Kombination aus Übersteuerungen, Verzerrungen, Chorälen und Echos. Inhaltlich ging´s beim neuen Album 'Mahakali' um eine indianische Göttin. Jarboe zelebrierte die zweite Nummer, „The House of Void Visceral Mix“, komplett im Publikum stehend. Das war zugleich das besonderste Vorkommnis. Ferner fand Peanut ihre Geschlechtsgenossin aus Amerika ziemlich „nervig“. Ich auch.
Chandler, Bicknell, Clayton, Bodossian, Goyet und Fletcher: ESOTERIC ist es gelungen, diese sechs seit zwei Jahren zu binden. Und im Groben unverändert doomt auch das Himmelfahrtskommando aus UK. Auch Esoteric hatten eine neue Schallrille am Start. 'The Maniacal Vale' hieß sie, und vier Teile davon wurden heute freigelegt: „Quickening“, „Silence“, „Circle“ sowie „Beneath this Face“. Als „Dark Metal“ hatte Greg Chandler mir den neuen Stoff umschrieben. Englisches Understatement, sage ich dazu. Ab 23.35 Uhr wälzte sich der Esoteric-Funeral in den Keller. Schleichend aber unabwendbar wie Zyklon B. Ein Trauma aus marternden Doomriffs, polternden Emotionen, delirierendem Georgel, gutturalem Gegrunze und paranoid verhallenden Schreien. Für ultralange, ultralangsame 66 Minuten trugen Chandler und Co. ihre Weltsicht vor, in der nur Desillusionierung, Depression und Dunkelheit sind. Vertonter Sarkasmus wie „I lift my head - but there is no reason to move“ sprach es aus. Esoteric zelebrierten ihren Auftritt mit absoluter Grabesmiene und der gewohnt subtilen Spannung. Zu hart, zu apokalyptisch, zu wesensfremd für viele: Der Exodus ging weiter, der Laden entvölkerte sich bis auf zwei Dutzend. Mögen gewisse Zauberlehrlinge ihnen im Laufe der Zeit auch das Wasser abgegraben haben: Esoteric bleiben das Original seit 1992. „Hateful, drug-influenced tortured Doom“: Das waren die sechs schwarzen Seelen aus England auch anno 2009. Die ultimative Doom-Todeskapsel!
 
Bezeichnenderweise kritzelte Greg Chandler mir sein Signum nicht direkt auf die Front der Plattenhülle - schließlich hätte es den Fluß der darauf abgebildeten Endlosspirale zerstören können -, sondern auf eine versteckte Stelle im Inneren. - - Nachdem ich mir bei Esoteric die Nackenwirbel geradezu weggesprengt hatte, sind Peanut und ich in einer Art transzendentaler Heilung weit nach ein Uhr an den schwarzen Ufern des Flüßchens Nidda heimgelaufen.
 
 
((((((Heiliger Vitus)))))), 27. Mai 2009
ABSPIELLISTE JARBOE
1. Durga 8
2. The House of Void Visceral Mix
3. Transmogrifaction
4. Mahakali
5. Kali Lamentation III
6. Kail Lamentation V
 
ABSPIELLISTE ESOTERIC
1. Quickening
2. Silence
3. Circle
4. Beneath this Face