HALLOWEEN OF DOOM
 
UNION OF SLEEP, BLACK SHAPE OF NEXUS, DEAD BEAT / GOLDEN GORILLA, CROWSKIN, WIGHT
D-Darmstadt, Bessunger Knabenschule (Halle) - 31. Oktober 2009
[666] Hel-low-een...... Zum Karneval der Toten und Gespenster hatte Darmstadts Subkulturen-Imperium etwas Neues ausbaldowert: ein kleines und schon jetzt kultiges Fest des Doom! Zum Schauplatz war die im 19. Jahrhundert errichtete Turnhalle der ehemaligen Knabenschule im südöstlichen Bessungen ausgewählt. Der Eintritt betrug bis 19 Uhr sieben, danach neun Euro. Sechs Gruppen für sieben Euro: Wo gibt´s das sonst noch? Vegetarische Verpflegung wurde gereicht! Und alte Holzpritschen boten Sitzgelegenheiten für fast alle. Amtlich waren 150 zahlende Besucher zugegen. Damit war die Halle zu Zweidritteln gefüllt. Es sollte ein unglaublich gelöstes Halloween werden. Kaum angekommen, ergab sich gleich eine nette Unterredung mit Jan von B.SON. Dazu wurde Don Nihili nebst Signorina Villani aus Wörrstadt erblickt.
Darmstadts Dreibund WIGHT stand vor einer doppelt schwierigen Mission. Erstens waren die jungen Männer von Bakterien verseucht. Zweitens zeigten nur vierzig Leute Interesse an Wight. Stilvolle Traubengetränke und ein Geist, der mit einer Weiheglocke (oder Totenglocke - je nachdem) die Bühne auf- und abgegangen war, hatten den Weg ins Licht etwas erleichtert. Dazu hauchten glimmende Holzstäbe ein mystisches Ambiente in die Lungen. Unser dritter Treff mit Wight wurde der schönste. Denn - bei allen Heiligen - das, was Wight heute zelebrierten, war reinblütiger Doom! Keine Spur mehr vom weichen Todeshippiekram wie jüngst mit den Freeks. Nein, durch und durch phantastischer Stoner Doom. Eine gefühlvolle Stimme voller bittersüßer Melancholie, dazu dunkel glühende Gitarren und eine spärliche Trommel zum Genießen. „While I´m Digging My Grave“ war solch ein neuer Augenblick voll magischem Dooms mit dem katharsischen Wesen einer Gruppe wie Goatsnake. Über allem schwebte das Ohrwurmriff von „All Beyond the Piend of Being“. Das traditionelle Finale „Superlarge Hadron Collider“ bestach heute mit sehr diabolischen Vokalen und Renes grimmig aufgerissenen Augen. Es war alles gediegen doomig - so soll Wight sein!
CROWSKIN! Vier Jahre zuvor war der Trupp entstanden. Ostdeutsche Hardcoreler waren mit Ostdeutschen aus der Metalkultur aufeinandergetroffen. Und irgendwie fand sich eine gemeinsame Richtung: Man verschmolz im Doom - und war fortan Märtyrer daheim in Potsdam! Halb so wild! Heute peppten Crowskin den Doom mit einer neuen Stlrichtung auf - einer völlig eigenen Schattierung aus Doom nach alter Masche und neuem Sludge, die ich „Crowskinmusik“ nennen würde. Ab halb neun erlebte der Halloween of Doom zwei sich manisch biegende Gitarrenmänner (Flo und Klemme), einen nicht minder abgefahrenen Bassgitarristen (Sasch), einen völlig wahnsinnigen Schlagzeuger (Loffi) und mit einem nostalgischen Mikrofon in der Hand eine Frau, die mal kein Erdbeereis schiß (Alexandra von Bolz´n). Jemand hatte auch noch einen brennenden Kürbis aufs Podium gestellt. Crowskin waren ein alles vernichtendes Fegefeuer aus Röcheln, Gurgeln und poetischem Geflüster auf Deutsch (und nur auf Deutsch!), aus tieffrequent-ekstatischen Gitarren, schlagendem Geknüppel und klanglichen Verzerrungen mit maximaler Lautstärke. Jedes Teil war dabei auch ein völlig eigenständiges, einzigartiges und hammerhaftes Epos auf seine Art. „Eisig und schwer“ zum Beispiel, erzählte von Gift und Haß, die „Feuertaufe“ von aufplatzenden Wunden, und „Ende Oktober“ von Kraft und Leidenschaft. Kraft und Leidenschaft, eine irre Energie und eine unter die Haut gehende Optik. Das waren Crowskin. Vor dem „Scheideweg“ herrschte so was wie die totale Muxmäuschenstille. Der Schlagzeuger kehrte regelrecht religiös in sich. Nur um alles in einer explodierenden Todeskapsel enden zu lassen. Die angepeilten Verlängerungen punkiger Herkunft entfielen. Crowskin waren der frische Wind aus dem Osten!
Für GOLDEN GORILLA war es ein unlösbares Unterfangen, nach Crowskin ran zu müssen. Auch ein Puffer von einer halben Stunde half da nicht viel. Der Nachhall aus dem Osten wirkte zu stark. Zumindest wußten Tomasz Kong, Mr. Vegas, Dee Haller, Sgt. Omcek und Don Schueler als Hausherren alle Knaben und Mädel hinter sich. Sie hatten die meisten Headbanger sowie etliche Punker als Rückendeckung (die gewiss auch schwarz reinkamen). Golden Gorilla hämmerten ihre rostigen Nägel von anno dunnemals in die Meute. Desillusionierung und Nihilismus fanden in geradliniger, ekliger Brachialität die treffende Vertonung. Kalte Instrumente kreuzten sich mit groben Inhalten, die Kong mit wild geschleuderten Fäusten ins Mikro kotzte. Auch das effektreiche Aufschlagen des Schallwandlers auf den kahlen Schädel vor „Black Sun, White Logic“ - es war so wie immer bei der Sludge-Staffel aus Darmstadt. Terror für Auge, Ohr und Sinne, schroffer, sturer Sludge galore (aber vielleicht auch in der absehbaren Auswegslosigkeit angekommen...?). Vor „My Names is Trouble“ erfolgte eine unerwartete Durchsage mit folgendem Wortlaut: „Wir spielen ein gekürztes Programm, weil es die einmalige Gelegenheit gibt, Dead Beat noch mal in Reunion zu sehen!“ Nach 27 Minuten erfolgten einige Stellungswechsel...
... und ab 22 Uhr 12 waren erstmals nach zwölf Jahren DEAD BEAT in Aktion zu erleben. Rekrutiert aus dem bis unter die Gurgel und den Schädel hinaus zutätowierten Leitvokalisten Matt Bauer, der psychotischen Gastpropaganda Kongs, aus Mr. Vegas und El Pulpo, der Krake an den Sechssaitern, aus dem Viersaiter der Skeleton Army sowie Don Schüler am Schlagzeug, setzte es nun das totale Gegenmodell: selbstzerstörerischen Hardcore Punk galore. So was wie Groß-Bieberaus verrottete Antwort auf die verblichene Scum-Punk-Koryphäe GG Allin. Dead Beat hatten mit „Hope?“ losgelegt - und nach „Left Behind“ alle Hoffnung auf Glück und Zufriedenheit zunichte gemacht. Denn schon nach wenigen Minuten hatte sich der Sänger die Stirn aufgeschlitzt, um schließlich aus einem tiefen Cut wie ein Schwein zu bluten. Rein „künstlerisch“ waren Dead Beat die radikalsten Misanthropen weit und breit. Extrem harter Krach, der manchmal sludgige Ausartungen hatte, traf auf reinrassige Wut und prügelnde Aggressionen. Nach dem von Michael Bergweiler getexteten „Wort so schwarz“ war nach 18 Minuten Schluß. Ein unerwartet friedvolles „Schönen Dank, das war´s für die nächsten zehn Jahre!“ besiegelte diesen unvergeßlichen Auftritt. Crowskin-Sirene von Bolz´n hatte pogend im ersten Sturm gestanden. Das war alles sehr, sehr krass und von verstörend realistischer Brutalität! Nach Dead Beat rückte ein Reinigungskommando an, das die Bühne mit einem Scheuerhader vom Blut säuberte.
Mit einstündigem Zeitverzug oder - wie es Malte formulierte -: „Mit ein wenig Verspätung“, hatten sich kurz nach elf BLACK SHAPE OF NEXUS in Stellung gebracht. Verzerrte Rückkopplungen hatten den Auftritt eingeleitet. Hohes Schrillen, Fiepen und Dröhnen, das nach einigen Minuten wie von der Sehne geschnellt in der geballten Urmacht aus zwei menschlichen Stimmen, drei Stromgitarren, einem Soundboard und einem Schlagzeug explodierte. Das alles zerquetschende, gigantische Ultra-Doom-Ungeheuer B.SON hatte sich in Bewegung gesetzt. Malte (heute wieder mit Glatze und Bauch) schnitt seine Grimassen, die mit nach innen gedrehten Augen zu einer irre grinsenden Fratze erstarrten. Bergweiler zelebrierte die wildesten Ninjakicks, und Jan regelte stoisch in innerer Versunkenheit die Elektronika. Es war alles wie immer. Nur einer wirkt von mal zu mal geistesabwesender: der wie ein Phantom im Dämmerlicht operierende Gitarrero Nick, dessen Gesicht immer mehr unter einem schwarzen Vollbart verschwindet. Das Ende kam für uns viel zu früh. Fast beschämend sind wir davongeschlichen um den letzten Zug nach Frankfurt zu kriegen.
 
Die ursprünglichen Hauptakteure GENERAL LEE hatten in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht. Anstelle der siebenköpfigen Postrock-Legion aus Frankreich traten UNION OF SLEEP aus Hagen an. Über die wußte ich nichts. Jemand verglich sie mit den krachigen Doomcorelern Gorilla Monsoon. Das war mir heute erstens zu heftig. Und zweitens dürfte der Start weit nach der Geisterstunde gelegen haben, das Ende mutmaßlich gegen halb zwei. Damit wurden Union Of Sleep für Peanut und mich zu einer Nullnummer.
 
Das Doompärchen aus Wörrstadt bot uns einen Heimtransport in deren Doom-Mobil an. Dafür hätten sie einen Umweg von hundert Kilometern nehmen müssen - zu peinlich für uns. Auf der Knabentoilette und im Abmarsch sind uns noch einige übelst aussehende Halloweengeister in blutverschmierten weißen Kitteln begegnet. Das Blut dagegen war nur im Doom echt.
 
 

((((((Heiliger Vitus)))))), 4. November 2009
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
WIGHT
(19.15-20.00)
1. Hell-O-Ween
2. And I Will Not Be Hammerd Again
3. While I´m Digging My Grave
4. All Beyond The Piend of Being
5. Superlarge Hadron Collider (Freak out)
 
CROWSKIN
(20.30-21.15)
1. Intro (Gestern gab es dieses Wort)
2. In die Irre (Eisig & schwer)
3. Heulsuse (Feuertaufe)
4. Ende Oktober
5. Selbstgespräch mit Gott
6. Am Scheideweg
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7. Harmony of Life
8. Supremacy (Crossed Out)
 
GOLDEN GORILLA
(21.45-22.12)
1. Hurling Fists at Nothing
2. A Stab in the Dark
3. Slaughterhouses of Tomorrow
4. Black Sun, White Logic
5. Teeth in the Pocket
6. My Name is Trouble
 
DEAD BEAT
(22.12-22.30)
1. Hope?
2. Left Behind
3. Ritual Genocide
4. Race Against Time
5. Wort so schwarz
 
BLACK SHAPE OF NEXUS
(23.03-XXX)
Titel unbekannt
 
UNION OF SLEEP
(XXX)
Titel unbekannt