HEAVY PSYCH SOUNDS FEST #3
 
UNIDA, NEBULA, DOPELORD, HIPPIE DEATH CULT, GIÖBIA, MARGARITA WITCH CULT
D-Dresden, Chemiefabrik - 28. Oktober 2023 (Tag 2)
Sonnabend, 28. Oktober (2. Tag)
 
Runde zwei des Retro-Rock-Remmidemmis in der Chemo. Während sich unser Kumpel Big Simonski bei einem Chinesen in der Großenhainer Straße verpflegt und einen Stadtbummel unternommen hatte, hatten Peanut und ich wie tags zuvor auf die Vorgruppen verzichtet und alle Energie für Dopelord, Nebula und Unida aufgespart. Da heute zeitgleich im angrenzenden „Alten Schlachthof“ Project Pitchfork und im „Beatpol“ die retroaffinen Motorpsycho gastierten, hofften wir auf etwas weniger Zuspruch als am Vorabend. Vergebens: Erneut platzte die „Chemo“ aus allen Nähten. Auch der mit ritzebunten Nickis bestückte Fanartikelstand der italienischen Plattenfirma, der den kompletten Podest auf der Rückseite der Halle vereinnahmte, spielte da eine für den Besucher unrühmliche Rolle. Dafür war in einem Nebenraum eine zweite Bar mit Faßbier installiert.
 
Filmchen vom Birminghamer Retro-Rock-Trio MARGARITA WITCH CULT hatten uns schon aufgezeigt, wohin deren Reise geht: gedrosselte Gitarren, gewisse Space-Effekte, Vintage-Gesang, lange Haare, Jeans und Siebziger-Hemden Made in England. Thank you...
 
Dagegen waren mir Mailands Acid-Rocker GIÖBIA mit ihrem hirnverbiegenden Kaleidoskop aus limettengrünen und zitronengelben Strahlenkränzen, wirbelnden Haaren, glockenhellen Stimmen und lysergsäuregetriebenem Spacerock noch vom Fest vor vier Jahren in guter Erinnerung. Ich hätte sie gern wiedererlebt. Ihr Schicksal war ihre Position eingerahmt zwischen zwei weniger interessanten Gruppen. Mit den Italienern wäre die Nacht erneut eine mit unendlichem Löcher-in-die-Luft-Gucken und Gläserrücken geworden. Big Simonski unterdes hatte Giöbia schon mehrmals gesehen, und äußerte eine gewisse Eindimensionalität bei jeder neuen Vorstellung.
Das dritte Rudel aus Portland, Oregon - HIPPIE DEATH CULT - war die erste Gruppe, die Peanut und ich heute zu Gesicht bekamen. Laura Phillips, Eddie Brnabic und Harry Silvers ließen nichts anbrennen, schraubten alle Zutaten des Retrorocks, die die Akteure der letzten Nacht verwendet hatten, zu einem dunklen Mix aus Psych, Stoner und langhaarigem Heavy Rock zusammen und piekten das Ganze mit einer bezirzenden, okkulten Frauenstimme und ausschweifenden, bassigen Instrumentalpassagen. Die Amis verzeichneten den größten Andrang der Nacht. Niemand zog so viele Leute in die Halle wie das Trio aus dem Pazifischen Nordwesten der USA...
Meine heutige Hoffnung galt DOPELORD. Zweimal hatte ich die bärtigen Stoner-Doomer aus Polska 2019 erlebt. Beide Male waren magisch. Allerdings deutete sich beim Auftritt vor vier Jahren in der Chemo bereits ein Richtungswechsel vom Schneckendoom in schnellere Gefilde an - der sich heute fortsetzte. Mit „The Chosen One“, „Addicted to Black Magic“, „Night of the Witch“, „Hail Satan“, „Headless Decapitator“, „Green Plague“, „Doom Bastards“, „The Witching Hour Bell“ und „Navigator“ hatte die nun in Warschau ansäßige Gruppe gleich neun (!) neue Lieder im Programm, von denen sie aber zwei strich. Gestrichen wurden ferner zwei Klassiker: der treibende „Preacher Electrick“ sowie der Malmer „Dead Inside“. Das neue Material wirkte atemlos schnell. Dabei agierten Miodek, Mroku, Klusek und Ochocinski hinter ihren Totenkopfständern stringenter als ohnehin gewohnt, professionell poliert geradezu. Und trotzdem - oder gerade deswegen - wollte der Funke nicht überspringen. Aus einer turbulenten Liste mit dreizehn geplanten, aber nur zehn gespielten Liedern, stach ein weiteres Mal die hypnotisch pulsierende Kronjuwele „Reptile Sun“ heraus. Und nur diese! Fakt ist, daß Dopelord wunderschöne Lieder haben - so schön wie gefährlich... Vielleicht überschätzen sich die Polen inzwischen - ein Fehler, der heute ihr Nachteil war. So diszipliniert sie sich im Licht gaben, so konterkariert zeigten sie sich beim Abmarsch: Während einer einen bunten Gymnastikanzug trug, konnte ein anderer sternhagelvoll kaum noch gehen...
Nach den zermalmenden Dopelord haben NEBULA es schwer - dachte ich... Aber natürlich sind die beiden Gruppen so unterschiedlich wie Feuer und Wasser. Zumal Eddie Glass 1993 schon als Gitarrist von Fu Manchu eine Leiter zum Stonerhimmel bestieg. Da waren die Polen noch Kinder... Der Auftritt begann holprig: Nach Danava fiel erneut das rechte Mikro aus. Aber Glass ist nicht totzukriegen! Auch nicht vom Verlust seines langjährigen Bassisten Tom Davies, der im September an Leukämie gestorben war, und dessen Tod er sich nicht anmerken ließ. Von Anfang an bewies der äußerlich über all die Jahre unveränderte, spindeldürre Pilzkopf, daß er einer der besten Fuzzrocker auf Erden ist. Pünktlich zum ersten Vierteljahrhundert von Nebula hatte er ein neues Livealbum am Start. Und das gab´s heute für die Menge zu hören: 'Livewired in Europe'. Es sind eher die minimalistischen Effekte, mit denen das Kulttrio aus USA seit jeher eine wohlige Stimmung erzeugt. Ohne viel Brimborium, authentisch und anrührend ehrlich kamen Sechssaiter und Sänger Eddie Glass, Viersaiter Ranch Sironi und Trommler Mike Amster auf den Punkt. Ihr Stoner Rock hatte einen frischen, modernen und doch hochtraditionellen Anstrich. Nach fünfzig Minuten endete eine knallharte, vor Esprit sprühende Lektion aus Kalifornien, die von den Altigkeiten „Full Throttle“, „Down the Highway“ und 'To the Center' noch überglänzt war. Nebula waren für mich die beste Gruppe des Festivals, und Dresden die Endstation der Tour von Nebula.
Das Abrißfest bestritten UNIDA aus Amerika, bei denen nur Miguel Cancino von der Urbesetzung 1995 noch dabei war. Das Fehlen von John Garcia, der Seele und einer der Ikonen des Stoner Rock überhaupt, schmerzte sehr. Unida war immer Garcia, Garcia ist Unida! Und manche waren nur für ihn gekommen! So standen neben dessen langjährigem Gitarristen Arthur Seay mit Mark Sunshine und Collyn McCoy unbekannte Neuzugänge. Seay inszenierte John Garcias Erbe als abgewrackte Rockerwelt, deren Akteure ihre Ideale längst verloren haben (oder nie welche hatten). Abstriche mußte man auch bei der Darbietung machen. Speziell der aus New Jersey stammende Sänger Sunshine wirkte teils gehetzt und mit seinem AC/DC-Krächzgesang fehl am Platz. Dafür dominierte der markante Wallebart am Sechssaiter allzu sehr. Hingegen Garcias mexikanischer Bruder an den Trommeln ziemlich unterging. Während ich mich abseits von Fickhennen und Schunkelpublikum am Seitenausgang langweilte, kam Mitorganisator Glabuster Beere zu mir und gestand seine Leidenschaft fürs Radfahren. Mit „Thorn“, „If Only Two“ und „Human Tornado“ spielten Unida 2.0 drei Überhymnen vom 1999er Album 'Coping with the Urban Coyote'. Allen dreien fehlte ohne John die Seele...
 
Unter lauten „Friedo, Friedo, Friedo!“-Ovationen erklomm im Nachhall der Elbsludge-Vorstand Friedo (Dead Myrick) und Glabuster (DieselOkkult) das Geviert. Friedo dankte allen Beteiligten, warb um Spenden für den gemeinnützigen Verein Elbsludgebooking, und stellte ein Heavy Psych Sounds Fest 2024 in Aussicht, welches über drei Tage gehen könnte... Um eins gaben wir uns die Ehre.
 
 

Heiliger Vitus, 1. November 2023
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
MARGARITA WITCH CULT
(18.00-18.40 / ohne Gewähr)
1. Aradia
2. Diabolical Influence
3. Death Lurks at Every Turn
4. White Wedding [Billy Idol]
6. Theme From Cyclops
7. Lord of the Flies
8. The Witchfinder Comes
9. Annihilation
10. Sacrifice
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11. Brum Rock
 
GIÖBIA
(19.00-19.40)
Titel unbekannt
 
HIPPIE DEATH CULT
(20.00-20.40 / ohne Gewähr)
1. Red Giant
2. Rat Salad [Black Sabbath]
3. Arise
4. Better Days
5. Toxic
6. Tomorrows Sky
7. Nice to Know You
8. Shadows
9. Sanctimonious
10. Circle of Days
11. Aneurysm
 
DOPELORD
(21.10-22.00)
1. The Chosen One
2. Preacher Electrick
3. Children of the Haze
4. Addicted to Black Magic
5. Hail Satan
6. Night of the Witch
7. Headless Decapitator
8. Green Plague

9. Dead Inside (I&II)
10. Reptile Sun
11. Doom Bastards
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12. The Witching Hour Bell
13. Navigator
 
NEBULA
(22.25-23.15)
1. Giant
2. The Dagger
3. Aphrodite
4. High Wired
5. Transmission from Mothership Earth
6. Full Throttle
7. To the Center
8. Down the Highway
9. Witch
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10. Man´s Best Friend
11. Fall of Icarus
 
UNIDA
(23.35-0.45)
1. Wet Pussycat
2. Thorn
3. Stray [Leaf Hound]
4. Trouble
5. Delta Alba Plex
6. Flower Girl
7. Vince Fontaine
8. Hangman's Daughter
9. Unbound
10. If Only Two
11. Human Tornado
12. Black Woman
13. MFNO
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