3. ALB RACE
Berghülen, 1. Juli 2023
Prolog
 
Zweimal Vierter, zweimal Fünfter, einmal Sechster - und diesmal? In Berghülen wollte ich einen weiteren Versuch unternehmen, meine Pechsträhne in diesem Jahr zu beenden. Vielleicht den letzten: Die Meldeliste ließ hoffen und ich fühlte mich richtig gut. Eigentlich war ich zur Deutschen Masters-Meisterschaft in Görlitz angemeldet. Aber da Frau Peanut mit mir seit zwei Wochen in Frankfurt weilte und ich mir in Sachsen nichts weiter ausrechnete, meldete ich mich kurzerhand für Görlitz ab und nach Linkenheim vor Wochenfrist für ein weiteres Rennen im Ländle an. Diesmal nicht im flachen Baden, sondern im reizvolleren, hügeligen Württemberg.
.:: DIE STRECKE ::.
Das vom SSV Ulm 1846 ausgerichtete Alb-Race schien auf mich zugeschnitten. Es fand auf einem Rundkurs von 6,7 Kilometern mit sechzig Höhenmetern statt. Zwei mittelschwere Anstiege - ein kurzer, knackiger Hügel mit etwa zehn Prozent, der andere eher ein hunderte Meter langer Zieher - und ein ständiges, leichtes Rauf und Runter über die schmalen, asphaltierten, teils löchrigen Wirtschaftswege nördlich vor Berghülen sollte für eine Auslese im Fahrerfeld sorgen. Für die Masters 4 war der Kurs zehn Mal zu bewältigen - eigentlich..........
.:: DAS RENNEN ::.
Welch ein Ausflug hätte das werden können... Am Vortag des Rennens hatte sich meine treue Seele Peanut mit mir über die Autobahn 5 auf Achse in Richtung Süden gemacht. Und dann türmte sich gleich vor Stuttgart eine erste, nicht endende Karawane aus Blech auf. Nach Stau um Stau und fünf Stunden im engen Auto hatten wir uns zur Unterkunft in Arnegg im malerischen Tal der Blau, auf halber Strecke zwischen Berghülen und Ulm, durchgeschlagen. Während einer lockeren Ausfahrt in der Dämmerung durchs Blautal fiel etwas Regen. Trotzdem waren diese Kilometer mutterseelenallein auf glattem Asphalt durch grüne Auen und hohe Berghänge einfach märchenhaft. Peanut erkundete derweil das Zweitausend-Seelen-Örtchen per pedes und entdeckte einen kuriosen Tante-Emma-Automaten mit tausend kleinen Dingen des Lebens. Wir waren frei von jedem Druck, brauchten noch nicht mal den Wecker stellen. Mit dem ersten Sonnenlicht ging´s raus auf den Katzensprung ins Nachbarnest. Hier hatte man die Anmeldung mit angemessener schwäbischer Geschwätzigkeit eine Stunde vorm ersten Start des Tages geöffnet. Und schon nach den ersten beiden Wettkämpfen des Tages, der von einem Krad eskortierten Handvoll Schüler, kam es zu einer nicht sonderlich günstigen Verzögerung.
Statt 10.00 Uhr erfolgte der START der bereits warmgefahrenen Masters 2 und 3, sowie der Junioren „wegen verschiedener Umstände“ um 10.20 Uhr. Mit einer Minute Abstand folgten die Masters 4, weitere zwei Minuten später die Elitefrauen, die Juniorinnen sowie die Jugend. Damit befanden sich drei Blöcke mit sieben (!) Rennklassen, die sich noch nicht mal durch ihre Startnummern unterschieden, auf der schmalen, 6,7-Kilometer-Strecke. Chaos und Hektik waren gewissermaßen unvermeidlich. Dem späteren Sieger der Masters 4 gelang im Drunter und Drüber des Auftakts die Flucht. Jene wiederum hatten die Elitefrauen direkt hinter sich. Nach drei Runden waren die beiden Felder vereint. Immerhin wurde das Geschehen durch die beiden Steigungen etwas entzerrt. Und je länger das Rennen dauerte, desto besser kam ich in Fahrt, gab es unvergesslich schöne Leistungen. Speziell die schnellen Frauen machten ordentlich Krawall. Zu zweit oder zu dritt rasten wir durch die engen Kurven, drückten über die Hügel, hatten schon viele Meter Vorsprung. Vielleicht fuhr ich sogar das Rennen meines zweiten Lebens. War das ein Ding! Nach sechs Runden war die Konkurrenz zurechtgelegt. Aber ich wußte, daß es noch vier bis ins Ziel sind. Und während in mir das Endorphin wie wild pumpte, war das Unglück schon geschehen: In Runde neun setzten von hinten die Junioren zur Überrundung an und fuhren in ihrem Windschatten viele bereits geschlagene Gegner wieder nach vorn. Was nicht jeder wußte: Mit der Überrundung endete auch das Rennen aller anderen Klassen - nach neun statt zehn Runden. Eine Glocke als Signal zur letzten Runde schlug indes nicht bei meiner Vorbeifahrt am WA-Wagen. Als ich über den Zielstrich fuhr, lagen drei Masters-4-Fahrer vor mir. Damit war ein weiterer, schon sicherer Podiumsplatz verlorengegangen. Die NADA war nicht vor Ort.
Epilog
 
Die letzten Stunden „in Ulm und um Ulm herum“ verliefen in Zerrüttung und Unfrieden. Wie sollte es nach einem Tag zum Heulen weitergehen? Ein geplanter Treff mit unserem schwäbischen Doomspezl Kishde in Ulm kam nicht zustande. So verbrachten wir den Abend mit zerknirschten Köpfen unter den Kastanien der Arnegger Dorfkneipe „Blautal“. Am folgenden Mittag suchten wir Frieden im himmelhohen Ulmer Münster. Doch ich blieb untröstlich. Wiedermal hatten Funktionäre mich der Früchte beraubt. Die Rückfahrt unter sengender Sonne durch endlose Blechkarawanen fraß weitere vier Stunden Lebenszeit.
 
Rennleiter Feucht äußerte sich so: “In Berghülen wurden um 10.00 zum Start aufgerufen Master 2/3, U19m, Master 4, Frauen, U19w und U17m. Das bedeutet es waren 7 unterschiedliche Rennen gemeinsam auf dem Kurs. Es ist absolut unmöglich dies mit der Rundenanzeige, Glocke usw. manuell zu steuern. Deshalb hat sich der WA in Abstimmung mit dem Ausrichter entschieden das Rennen nach Einlauf des Siegers für alle zu beenden. Dies ist bei ähnlichen Rennen mit mehreren Klassen auf der Strecke durchaus übliche Vorgehensweise.“
 
Organisator Ansgar zeigte Größe: “Deinen Ärger kann ich verstehen. Das Rennen nach dem Einlauf des Siegers der ersten Klasse zu beenden, war eine Entscheidung der Kampfrichter. Vermutlich konnten sie so besser die Übersicht bewahren. Es wurde vor dem Start mehrfach durchgesagt, vielleicht war es nicht überall gut zu hören. Mehrere Rennen gleichzeitig laufen zu lassen, ist immer ein Kompromiss, aber nur so konnten wir so viele unterschiedliche Rennen anbieten. Wir werden fürs nächste Mal überlegen, ob hier weniger mehr ist.“
 
 
Vitus, 5. Juli 2023, Bilder: Vitus und Peanut
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: teilweise bewölkt, 18ºC, leichte Brise aus Westsüdwest (11 km/h)
Typ: Rundstreckensrennen
Länge: 67 km
 
Im Ziel: 92
CT und Elite Amateure: 20. Amateure: 13, Masters 2+3: 12, Masters 4: 10, Junioren: 12, U17: 11, U15: 4, U13: 3, Elitefrauen: 7
 
Masters 4
Im Ziel:
10
1. Stefan Bock (RSV Tailfingen) 1:51:39 Std.
2. Christoph Franiak (RV Conc Burggen)
3. Johannes Kammerer (RV Phönix Augsburg)
4. Mario Voland (Dresdner SC 1898)
5. Walter Funk (TSG 1847 Leutkirch)
6. Karl-Heinz Liebemann (RSV Stuttgart-Vaihingen)
 
Ergebnisse
Rad-Net
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