THIS WILL DESTROY YOU, OMEGA MASSIF
D-Wiesbaden, Schlachthof (Räucherkammer) - 21. Juli 2009
(((O))) Die Nichtigkeit des geredeten Worts. Ambient Doom und Post Rock führen den besten Beweis, daß die reine Tonkunst oft mehr sagt als Laute aus Menschenmund... Rein zufällig war ich auf dieses Konzert mit Omega Massif gestoßen. Im Wochenplaner der „Frankfurter Rundschau“ hatte sich auf Seite 7 in der Rubrik „Und sonst“ ein winziger Vierzeiler versteckt: „Pop/Rock: This Will Destroy You, Support: Omega Massif“. Das verhieß nichts anderes als ein Wiedersehen mit den heimlichen Siegern des Doom Shall Rise! - In der achten Stunde war ich mit meinem Mädel in der Murnaustraße in Wiesbaden angekommen. Nachdem wir bereits einen Batzen Münzen an den Nahverkehr geblecht hatten, war die Enttäuschung umso derber, daß es zum Einlaß von zwölf Euro weder ein Flugblatt (auch kein digitales), geschweige eine Karte gab (die hatten nur die Glückspilze der Vorbestellung - der eine Woche vorm Konzert schloß!). Neben dem sich tagelang zäh auf dem Handrücken haltenden Kontrollstempel „Falsch“, sollte uns nur die Erinnerung bleiben... Einhundertfünfzig helle Köpfe deluxe hatten die frühere Räucherkammer des Schlachthofs an diesem Hundstag im Juli zu einem Schwitzkasten gemacht. Nichts als verfilztes, studentisches Ungeziefer soweit das Auge sah (aber wehe, wenn es losgelassen). Ganze Bäche von Schweiß ergossen sich in dieses Aquarium aus klugen Hominiden und nekrophilem Getier.
OMEGA MASSIF starteten sieben Minuten früher als verlautbart, kurz vor neun. Wie beim Doom Shall Rise, begannen Schmittfull, Melchers, Bilic und Rath „In der Mine“ und endeten im „Totengebirge“. In die vier Stücke dazwischen hatten sich zwei Premieren geschlichen. Zum einen „Brachland“. Zum anderen das auf einer Split mit Tephra veröffentlichte „Am Abgrund“. Dabei stieg heute kein mächtiges Doomfest unter der lichten Kuppel der „Chapel“, sondern ein Klubgig für die denkende „Szene“. Andi hatte mir zwar versprochen „etwas mehr zu metzeln, damit mans bei den Texanern nicht so merkt“ (die Hauptdarsteller wurden eher milde erwartet), doch es kam anders als gedacht. Oder wie es Christof es später sagte: „Omega Massif können sich nicht wie kalte Profis den äußeren Einflüssen verschließen. Auch eigene Befindlichkeiten, je nachdem wie der Tag so war, spielen da eine Rolle.“ Chamäleontaktik hin, Chamäleontaktik her: Die Post-Doomer aus Würzburg verlegten sich heute aufs Ambientige, für das nicht zuletzt die von sirrenden Postrockgitarren geprägten Neunummern standen. Zu besonderer Klasse brachten es für mich allerdings die wertvollen Doomer. Jene wie in einer friedlichen Welt beginnenden Teile, die sich peu à peu steigerten. Wuchtige Trommeln schwollen diese Teile, die auf dem Gipfel mal in dunklen Ahnungen tönten, mal in tiefem Weh. Besonders Schmittfull ging bis zur physischen Grenze. Dagegen wirkten die Gefährten eher tiefgründelnd bis distanziert. Wie Doom mit Köpfchen eben. Sowie einem Markenzeichen: dem Schwarzlicht (dem in der Räucherkammer leider die Mystik verloren ging). Omega Massif wirkten heute lange nicht so massiv wie vor einem Vierteljahr. Die großen Gefühle waren das nicht. Der Sturz ins „Totengebirge“ hat nach einer Stunde zumindest die Seele des Doomjunkies gerade gerückt. Auf der Bühne innerlich versunken, lernte ich die Männer danach als ergreifend bescheiden, mit der angenehmen Bodenständigkeit Frankens kennen.
.:: ABSPIELLISTE OMEGA MASSIF ::.
(20.53-21.53)
1. In der Mine
2. Brachland
3. Unter Null
4. Exodus
5. Am Abgrund
6. Totengebirge
Unscheinbare Kleidung, kurzes Haar, blasse Haut und hippe Bärte: Das Subversivoutfit scheint der letzte Schrei in USA zu sein. Zudem lieferten THIS WILL DESTROY YOU einen Musikstil, der auch nicht zwingend aufreibend und rebellisch neu wäre. Sondern eher trendig und glatt. Die Texaner King (auf einem Hocker plaziert), Jones, Galindo und Miller (als Drummer gleichsam sitzend) servierten ab 22.20 Uhr instrumentalen Postrock. Nichts malmendes, eher dieses versponnen Beginnende, dramatisch Anschwellende und letztlich surreal Entschwebende. Wobei sich die Amis durch eine gewisse süße Melancholie von der Masse abgrenzten. Dennoch vermochten mich die Überseeischen nicht unbedingt zu berühren. Wenn mich nichts täuscht, hatte das epische „A Three Legged Workhorse“ den Auftakt gemacht. Dröhnend laut zwar, aber auch gewollt erhaben und final nur gleichförmig und ohne Knalleffekt. So wie ein leichtgewichtiger Traber auf Valium. Genau das richtige Ambiente für die Schlaumeier von Wiesbaden. Dummerweise mußte sich im Arsenal aus elektronischer Hardware, rot flimmernden Anzeigeskalen und tricksenden Verzerrerpedalen ausgerechnet die hölzerne Bassgitarre im Laufe der dritten Nummer selbstzerstören. Es war Donovan Jones höchstselbst, der um 22.50 Uhr völlig verzweifelt am Händlerstand erschien, um einen Schlachtermenschen um einen Ersatz-Bass anzuflehen - und sogar einen fünfsaitigen bekam. - Zur selben Zeit haben wir mit Omega Massif den Abgang gemacht.
 
 

((((((Heiliger Vitus)))))), 23. Juli 2009