CHIMAIRA, EVERY TIME I DIE, SOLEÏLNOÏR
D-Frankfurt am Main, Nachtleben - 25. Februar 2004
Die Invasion der New Wave of American Heavy Metal. Oder: Soleïlnoïr die dritte! Soleïlnoïrs Promoterin Evelin war vom Bucher der „Batschkapp“ angehauen worden, ob deren Zöglinge Lust hätten, kurzfristig für die US-Elite um Chimaira und Every Time I Die zu eröffnen. Hatten sie! Und weil Peanut und ich in die „Intellectual Love Gods“ verknallt sind, waren wir beim heutigen Antifaschingsfest im „Nachtleben“ von Soleïlnoïr als Gäste eingeladen. Am heutigen Aschermittwoch war Schluß mit Helau und Alaaf, Ende der lachenden Gesichter. Deutschlands Narren mußten ihr Narrenjäcken ab- und die Zwangsjacke wieder anlegen. Das Nachtleben schottete vom bunten Treiben ab. Die Neue Metal-Welle aus Amerika war mit Soleïlnoïr als lokalem Stoßtrupp angerückt. Und dann der Schreck beim Abstieg in den Klub...
... SOLEÏLNOÏR lagen in den letzten Zügen! In den heimischen Gemächern hatten wir uns mit Klängen von den Sonnen stimuliert - das Original ging bereits unter. Obwohl wir rechtzeitig zum geplanten Beginn da waren. Trotz Schneegestöber! Der Showstart war eine halbe Stunde vorverlegt worden. Vom ohnehin auf 40 Minuten gekürzten Auftritt (die langen Stücke „Remote Control“ und „Borderline“ mußten weichen), erlebten wir kärgliche zwölf Minuten. Der düster rollende Schwermüter „New Song“ wälzte sich in den mit 250 Leuten ausverkauften Keller. Doch „Intro 1 CD“... „Intruder“... „Twentythree“... „Resistance“... „Intro 2 CD“... „Nucleus“... „Interlude“... „Intro 3 CD“... „Nurutrus“ - alle ohne uns! Zumindest den Düstertrip „Dust“ durften wir in Gänze über uns kommen lassen. Auch wenn Maggot heute nicht mit nacktem Leib „Embrace me... I´ll kill me, kill me...I´ll kill me otherwise, kill me otherwise, kill me otherwise, kill me otherwiiise...“ wimmernd und schreiend in den Bühnenstaub sank: Frankfurts Fürsten der Finsternis hatten regiert. Die gewisse Magie war noch immer spürbar. Mit „Outro CD“ durchdrangen die letzten Schallwellen die noch junge Nacht. Die Sonne war verglüht - und wir waren unendlich traurig. - Ich half Gitarrist Erde beim Abbau, Chefin Evi hatte einen Volksempfänger „Binding“ kaltgestellt, und wir schwangen die Röhren. Cannabiswölkchen umsäuselten uns...
Als Nächste stöpselten EVERY TIME I DIE ihren Kram ein. Aus Cheektowaga, New York, war der Trupp der „Stets Sterbenden“ angerückt. Mit Metalcore im Sturmgepäck. 'Hot Damn!', so der Name des Aggro-Geschoßes, welches die fünf Berufspsychopathen aus dem Big-Apple-Umland abfeuerten. Bestückt mit wüsten Suizidförderern wie „Romeo A Go Go“ und „Godspeed Us to Sea“, mit dem ´nem Fettsack namens „Hammer“ gewidmeten „The Logic of Crocodiles“, mit „Ebolarama“ und „I Been Gone a Long Time“. ETID, das war rauher Hardcore aus Überschallriffs und einer Trommelbatterie mit 180 Beats per Minute, kredenzt von - wenn auch etwas blutleeren - so doch wie Rumpelstilzchen umherspringenden Knaben. Anderthalb Dekaden zuvor haben Napalm Death schon einmal Mördermucke dieser Art gemacht. Damals fand ich´s geil. Heute sind die Knochen morsch. Stagediver trieben das Quecksilber auf 888 Grad Fahrenheit, und Frontsicko Williams dankte: „This is an incredible crowd here!“ Die USAler waren hyperschnell zugange und nach 25 Minuten ebenso hyperschnell krepiert.
CHIMAIRA aus Cleveland, Ohio, fungierten als Sprengkommando. War bei den Landsmännern schon ordentlich Betrieb im Ring, setzten Chimaira dem Ganzen als Sextett den Dornenkranz auf. Chimaira steht einerseits für das feuerspeiende Ungeheuer aus Löwe, Ziege und Schlange. Andererseits für die Metalcore-Liebe von Slayer-Generalfeldmarschall King. Moderner Metal? Üble Befürchtungen machten sich breit. Aber es war nicht schlimm - wenngleich die dritten Alkfeinde der Nacht auf der Bühne standen. (Irgendwann wird bei Metalkonzis nur noch Wasser gereicht!) Chimaira hatten mit ihrem 'The Impossibility Of Reason'-Stoff den richtigen Mordssound! Chimaira trugen Shirts der verblichenen Bay-Area-Götter Exodus, Slayer und Metallica (Kill ´em All!), ihre Arme steckten in elfreihigen Nagelstulpen, ihre Körper waren von bunten Tattoos überzogen, sie trugen ungezähmtes Haar, und entsprechende Musik ließen sie von der Kette. Der slayerhafte Genicksprenger „Power Trip“ markierte den Anfang einer Reise zurück in die Metal-Achtziger. Zwanzig Minuten rutschten Chimaira auf Knien zu den Thrash-Helden. Dann die Anfeuerung „Hey Frankfurt! I wanna see you destroy this fucking place!“ - und zugleich eine Richtungsänderung in neometallische Gefilde. Fortan gab´s einen Mix aus messerscharfen Slayer-Riffs, heroischem Manowar-Bombast und vertribalten Soulfly-Gitarrenquietschjumporgien. Keine Ahnung, ob sich Chimaira als Nu Metaller sehen. Zumindest war das sechsköpfige Ungetüm ungleich echter, derber und heftiger als Limp Bizkit oder Linkin Park. Hey, und welche Metalband bietet heutzutage siebzigermäße Schlagzeug- und Gitarrensoli? Chimaira bewiesen, daß Metal von Muskeln gemacht wird! Das ganze Gebräu noch exotischer machten gelegentliche Attacken auf der Orgel. Bei der brutal rasenden Granate „Dead Inside“ reckten sich killernietenbewehrte Fäuste, Stagediver und Crowdsurfer hingen in der Luft. Ja, und den finalen Hieb in die Fratze der Society versetzte nach viel „Haaate!“ „Pure Hatred“. Chimaira waren eine Stunde bitterböser NWoAHM vom Arsch der Welt. Ohne Zugabe... Auf meine Frage nach einer Abspielliste zeigten mir die Boys vom Eriesee die kalte Schulter.
 
Nach der Schau hingen wir bei Bier und Capuccino (Soleïlnoïr) mit den Sonnen in der Nachtleben-Bar ab. Wir sehen uns im „Heavy Duty“ im Mai in Dresden wieder, Evi wird uns im Zinnwalder Hochmoor die Stasi-Zentrale „Lugstein“ zeigen, wir werden in der Waldschänke „Altes Raupennest“ Schwarzbier trinken, und in Dresden einen Doom-Laden aufziehen. Jörg umarmte mich zum Aufbruch - und Peanut und Vitus lieben Soleïlnoïr!
 
 
Heiliger Vitus, 26. Februar 2004
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
SOLEÏLNOÏR
(20.30-21.10)
Intro 1 CD
1. Intruder
2. Twentythree
3. Resistance
Intro 2 CD
4. Nucleus
5. Interlude
Intro 3 CD
6. Nurutrus
7. Dust
Outro CD
 
EVERY TIME I DIE
(21.25-21.50)
u.a.:
1. Romeo a Go-Go
Elaborama
I Been Gone a Long Time
The Logic of Crocodiles
 
CHIMAIRA
(22.10-23.10 / ohne Gewähr)
Intro
1. Power Trip
2. Implements of Destruction
3. Cleansation
4. Pictures in the Gold Room
5. Severed
6. Dead Inside
7. Pure Hatred