5. GROßER PREIS DER STADT TRIER
1. Juni 2025
Prolog
 
Myriaden von dunklen Wolken hatten meine Zeit vor Trier getrübt. Im Grunde war ich raus aus der Spur. Nach Absage zweier Rennen in Stuttgart und Heilbronn lag mein letzter Wettkampf (Ellmendingen) inzwischen drei Wochen zurück. Ein wichtiges Straßentraining mit dem Sebamed Racing Team fiel dem Regen zum Opfer. Und dann war ich Anfang der Woche auch noch über die Schuhe meiner Frau gefallen, und hatte mir beim Aufprall höllische Schmerzen am Steißbein und geprellte Rippen eingefangen. Beim Training tags darauf spürte ich ein undefinierbares Ziehen im Leib. Die Rippen? Oder nach all den Sorgen der letzten Zeit das Herz? Christi Himmelfahrt brachte wie in einer Vorsehung doch noch ein hartes Training - das erste seit Ewigkeiten: vierzig Minuten im Windschatten eines Unbekannten Vollgas die zwölf Kilometer zum Feldberg hinauf; samt einer Wiederholung. Wie nach einem Übertraining fieberte ich mich durch den anschließenden Freitag - um am Tag vor Trier einen Zustand völliger Energielosigkeit zu erleben. (Derweil der belgische Ex-Profi Ludo Dierckxsens mit sechzig Jahren bei einem Wohltätigkeitsrennen tot vom Rad fiel!) Zudem gab der Wetterdienst für den Renntag Unwetterwarnung mit Blitz und Donner und heftigen Schauern aus. Womit Triers Kopfsteine unbefahrbar gewesen wären. Ich hatte über einen Ausweich zum Kriterium im pfälzischen Minfeld nachgedacht. Dort jedoch waren die Podiumsaussichten aufgrund gemeinsamer Wertung aller Mastersklassen gleich Null. Also auf zur alten Festung Augusta Treverorum.
.:: DIE STRECKE ::.
Mit einer Kulisse gespickt aus drei Welterbestätten, Millionen geschichtsträchtiger wie gefürchteter Kopfsteinpflastersteine, mitunter nur drei Meter schmalen Sträßchen, sechs turbulenten Kurven, und dies immer hauteng an riesigen Zuschauermassen, übertraf der Kurs in Sachen Originalität viele andere locker. Der Start erfolgte mit Blick auf den Kirchturm von Sankt Gangolf in der Simeonstraße, der Achse zwischen Porta Nigra und Hauptmarkt. Vom Hauptmarkt führte eine scharfe Linkskurve von der Sternstraße durch den Domfreihof vorbei am Trierer Dom und der Liebfrauenbasilika. Dann ging es auf den mörderischen Kopfsteinen der Wind- und Flanderstraße durch den Rindertanzplatz und vorbei an der römischen Torburg Porta Nigra. Von der Porta schließlich führte die Simeonstraße zweihundertfünfzig Meter lang ins Ziel. Das teils extrem schwer zu befahrende Kopfsteinpflaster, das bei Nässe zur glatten und enorm gefährlichen Angelegenheit werden kann, charakterisierte die 1,2 Kilometer lange Runde, und rüttelte die Fahrer mächtig durch. Wenn es regnet - Gute Nacht in Deutschlands ältester Stadt!
.:: DAS RENNEN ::.
Das Schicksal führte Peanut und mich also zum vierten Mal in Folge über verschlungene Autobahnen und die 1938 erbaute Hunsrückhöhenstraße in die Stadt an der Mosel. Dort gab es erneut Veränderungen: Die Rennen der Jugend und Kinder wurden gestrichen. Die Masters 4 fuhren nicht mit den Elitefrauen, sondern mit den Masters 2 und 3. Deren Start wurde von halb drei auf halb eins vorverlegt. Und nach 24 respektive 36 gefahrenen Kilometern in den Vorjahren verlängerte sich die Renndistanz der Masters auf nunmehr 42 Kilometer. Bei der fünften Austragung war indessen eher die zweite Garde am Start. Doch auch die hatte es in sich. Angesichts der düsteren Prognosen von oben hatte es allerdings auch Absagen gehagelt. So zogen Heintz, Sieger von 2023, und Seriensieger Sopp zurück. Von einhundertsechzig Gemeldeten waren letztlich einhundertvierzig Rennfahrer zum westlichsten Zipfel Deutschlands gepilgert. Davon kamen nur hundert ins Ziel.
Nachdem 42 Amateure und Junioren um elf den Tag eröffnet hatten, folgten pünktlich halb eins die 29 Fahrer der drei Mastersklassen. Sprich Männer aus dem vorigen Jahrhundert mit einem Altersunterschied von weit über zwanzig Jahren. Mit dem Nebeneffekt, daß sich im Sog der schnelleren Jungen die Spreu vom Weizen unter den Methusalems trennt. Überlebe ich den hektischen Auftakt, kann ich wieder ums Treppchen mitfahren - dachte ich mir. Zweimal hatte es hier schon geklappt, schien ich ein Faible für Trier zu haben. Vom START weg wurde geballert. Schon nach einer halben Runde war alles auseinandergeflogen, galt die Orientierung den Rückennummern. Alle über 41 waren meine Gegner. Und der Träger der 41, Dirk Trautmann, war gleich über alle Berge. Mit dem frisch in die Masters 4 aufgestiegenen Ernst zog ein weiterer davon. Nun kämpfte der Wuppertaler Wellner mit mir ums Podium. Nach zwölf Runden wurde unser Quintett von der Spitze überrundet. Derweil Wellner nach zähem Kampf und rüpelhaftem Verhalten reißen lassen mußte, konnte ich mich am Hinterrad eines Jüngeren festkrallen. Gemeinsam bestritten wir den Mittelteil des Rennens. Nach über zwanzig Runden jagte aus dem Hintergrund zum zweitenmal das Führungsfahrzeug heran. Bei der anschließenden Überrundung mußte mein bisheriger Begleiter passen, und ich bekam zwei neue, die mich als kleiner Geleitzug das letzte Dutzend der 35 Runden ins ZIEL führten. Mehrmals war mein Rad in den Fugen zwischen den Kopfsteinen am Hauptmarkt gefährlich weggerutscht, einmal die Kette vom Blatt gefallen, hatte ich meine Trinkflasche verloren. Doch die Schutzgeister halfen, und am Ende ging ich als Dritter aus dem Rennen in Trier hervor. Trautmann, der sich nach seinem Vorjahrestriumph einen Infekt eingefangen hatte, feierte seinen elften Sieg im laufenden Jahr und rangierte damit auf Rang drei der Mastersrangliste.
Finale
 
14 Uhr 5 wurden auf dem Hauptmarkt unter der Gotenkirche St. Gangolf die Sieger der Masters geehrt. Dabei bekamen der Kölner Trautmann und ich, als der „aus dem tiefsten Osten“ Aufgerufene, ein Déjà-vu. Der Erste durfte eine Paris-Roubaix nachempfundene Trophäe mit einem Pflasterstein aus der Trierer Fußgängerzone in die Luft recken. Dazu erhielten alle auf dem Treppchen eingebrannte Medaillen aus Holz in Tropfenform und eine Magnumflasche Rieslingsekt aus der befreundeten Trierer Sektkellerei Schloß Wachenheim. Zu meiner persönlichen Ausbeute gehörten ferner fünfzehn Punkte für die deutsche Rangliste, sowie zwanzig Euro Preisgeld für die treue Seele an meiner Seite. Nach wiederum zehn Stunden auf Achse endete für Peanut und mich auch der vierte Tag in Trier, ein weiterer in einer mega Atmosphäre durchweht von tausendjährigem Fluidum. Wie schon die drei Vorgänger morphte der GP von Trier die Sonne, ein turbulentes Rennen und die alles überwältigende Siegerehrung umarmt von der malerischen Trierer Altstadt zu einem unvergesslichen Tag bei der stimmungsvollsten Rennschlacht von Deutschland! Noch einmal hatten alle guten Götter ihre freundlichen Hände im Spiel gehabt. Wie soll man es sonst nennen, wenn die dunklen Wolken und der Regen des Morgens weichen, und genau zur gewünschten Zeit die Sonne erscheint?!
 
 
Danke!
Meine Peanut, die nur wegen Trier ihre kranke Mutter in Nordhessen allein gelassen hat.
 
 
Vitus, 4. Juni 2025, Bilder: Peanut, Holger Radifo
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 18ºC, schwache Brise aus Westsüdwest (13 km/h)
Typ: Rundstreckenrennen
Länge: 42 km
 
Gemeldet: 161
CT+Elite-Amateure: 26, Amateure: 45, Masters 2/3: 28, Masters 4: 10, U19: 9, Elite-Frauen: 11, Hobby: 32
 
Am Start: 138
CT+Elite-Amateure: 23, Amateure: 35, Masters 2/3: 22, Masters 4: 7, U19: 7, Elite-Frauen: 9, Hobby: 28
 
Im Ziel: 108
CT+Elite-Amateure: 19, Amateure: 21, Masters 2/3: 20, Masters 4: 7, U19: 5, Elite-Frauen: 8, Hobby: 28
 
Masters 4
Meldungen:
10
Am Start:
7
Im Ziel: 7
1. Dirk Trautmann (RV Komet Delia 09 Köln) 1:01:08
2. Volker Ernst (RSC Rheinbach) - 1 Rd.
3. Mario Voland (Dresdner SC 1898) - 2 Rd.
4. Markus Wellner (RC Musketier Wuppertal)
5. Peter Baumann (RV Mainz-Finthen) - 3 Rd.
6. Martin Rommelfanger (RSC 1984 Betzdorf)
 
Ergebnisse
Rad-Net
 
Das Video zum Rennen
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