36. GROßER PREIS DER STADT ZWENKAU
22. September 2024
Prolog
 
Sachsens ältester Radverein feierte diesjahr sein 134. Gründungsjahr, das 34. nach der Neugründung 1990. Als einer der wenigen Überlebenden richtete der RV Zwenkau zudem jedes Jahr ein Radrennen aus, mit den „Neuseen Classics“ eine Zeit lang sogar eines der sechs Größten von Deutschland. Einhundertfünfzig Rennfahrer tummelten sich zum Herbstanfang südlich von Leipzig.zum Großen Preis der Stadt. Auch ein paar Urgesteine hatte es an die Strecke verschlagen: „True Cyclist“s, die im Biergarten unter gleißender Sonne die Rennen betrachteten.
.:: DIE STRECKE ::.
Flach und weitgehend schnurgeradeaus bot die Rennstrecke im Gewerbepark Zwenkau die ideale Plattform für Sprinter und Roleure. Start und Ziel befanden sich vor einem Autohaus in der Spenglerallee. Von dort ging es in Form eines riesigen Ovals auf glattem Asphalt links herum über die Baumeisterallee und mitten durch einen Kreisel zurück auf die Spenglerallee. Bei einer Rundenlänge von 1,7 Kilometern, der Kürze der Renndistanz, und Höchstgeschwindigkeiten um sechzig Stukis auf der Zielgeraden, waren Rundengewinne unmöglich. Ein gefundenes Fressen für tempofeste Fahrer.
.:: DAS RENNEN ::.
Mit Zwenkau kehrten Peanut und ich an den Ort zurück, in dem vor einem Jahr unser treuer Volkswagen zu Schrott gefahren wurde. Während des Rennens war ein Fräulein aus Leipzig in unser Heck gerauscht. Der Anblick nach dem Rennen war verheerend. Picardellics-Fahrer Schwarz hatte vor Schreck sein an einen Baum gelehnetes S-Works Tarmac vergessen, war bei unserer Nachricht schon zurück in Dresden - und hatte uns abends von einem verwunschenen Autofriedhof im nordsächsischen Nirgendwo abgeholt, Es war mein ehemaliger DSC-Kamerad Wolle Miersch, der den VW anderntags mit uns zusammen heim nach Freital holte. Ein Gutachter bewertete den Einschlag als „wirtschaftlichen Totalschaden“. Zwölf Monate später waren wir wieder da - und standen mit einem Astralen auf exakt der gleichen unheilvollen Stelle. Diesmal mit dem Kleinbus des Leipzigers Kirchner als Schutzschild im Heck. Vorm Rennen traf ich nach langer Zeit auf „Grossi“, der nach einem zweiten Platz am Vortag beim Airport-Race in Potsdam noch nicht genug hatte.
Fünfunddreißig Master 2-, 3- und 4-Fahrer waren auf der Spenglerallee angetreten, um sich bei getrennter Wertung nochmal so richtig die Kante zu geben. Im Unterschied zum Vorjahr wurde das Hauptrennen nicht als Rundstreckenrennen, sondern als Kriterium ausgetragen. Wer alle drei Runden als einer der schnellsten Vier Punkte ersprintete, war vorn dabei. So schnappte sich der Bauauf-Lawi-Akteur Kühnelt gleich zu Beginn einen Zähler, und wurde damit Zweiter der Masters 4. In der Frühphase kam es um ein Haar zu zwei Massenkarambolagen: Erst hing sich der Düsseldorfer Wellner in einer Fahrbahnfuge auf (mit dem Resultat eines zerstörten Laufrads); wenige Runden weiter wiederholte sich das Szenario durch den Grimmaer Maneck. Weitere Reibereien folgten in der Endphase, als zwei Fahrer ein abgestelltes Autos berührten und damit gefährliche Wellen auslösten. Der Leipziger Keßler wiederum, dem in der Hitze des Gefechts der Akku seiner Schaltung abbrach, erhielt - im Gegensatz zu einem Reifenschaden - keine Rundenvergütung der Jury. Final kamen vier von fünfunddreißig nicht ins Ziel. Mit Keller, Bosniatzki und Wernicke waren drei Dominatoren vorne rausgefahren und damit allen Reibereien entflohen. Dazu gesellte sich der eher unbekannte Romahn. Als Quartett distanzierten sie das nach und nach zerlegte Feld um eine halbe Runde - bis der 61jährige Keller seine drei jüngeren Gegenspieler abdrehte und solo fast alle umrundet hätte. Sein Sieg untermauerte dessen Husarenritt vor einer Woche in Lochau, als er nach einem Platten im Alleingang beinahe die vier Kilometer entfernte Spitze gestellt hätte. Matzel lag im Zielsprint des Feldes weit vorn und freute sich als Erster mit null Punkten über Bronze bei den Masters 4. Großegger raste mit zwei Radlängen vor mir über den Strich. Doch wenigstens konnte ich mich mit Reifenstärke vorm heranrauschenden Radroo-Akteur Leschert retten. Mein fünfter Platz war Gold wert. Bei dem hochkarätig besetzten Feld, brachialen Manövern und einer Durchschnittsgewindigkeit jenseits von 45 Stundenkilometern, war es das Maximum für mich. Dopingkontrollen wurden nicht durchgeführt.
Epilog
 
Der Ausklang verlief nichtig. Viele hatten sich bei den Ehrungen aus dem Staub gemacht. Jemand äußerte angesichts des blondgelockten Masters-2-Siegers, daß er sich mit dem Preisgeld „einen Friseurtermin leisten“ könne. Mit dem Dank und der Erwähnung aller Gönner und Unterstützer durch Moderator und Rennleiter Lohr endete die Geschichte im strahlenden Sonnenschein im nordsächsischen Nirgendwo.
 
 
Vitus, Bilder: Peanut, 28. September 2024
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 21ºC, leichter Luftzug aus Südost (4 km/h)
Typ: Kriterium
Länge: 36 km
 
Im Ziel: 144
Masters 2: 10, Masters 3: 12, Masters 4: 9, U15: 12, U13: 7, U11: 7, Weibliche Klassen: 9, Jedermann: 78
 
Masters 4
Meldungen:
10
Am Start:
10
Im Ziel: 9
1. Ralf Keller (RSG Muldental Grimma) 17 Pkt.
2. Harry Kühnelt (RSV Lutherstadt Wittenberg) 1 Pkt.
3. Jens Matzel (RFC Markkleeberg)
4. Marco Großegger (SC DHfK Leipzig)
5. Mario Voland (Dresdner SC 1898)
6. Andreas Leschert (RC 07 Fulda)
 
Ergebnisse
Rad-Net