40. RUND IN RHEINBACH
Großer Preis der Raiffeisenbank Voreifel
6. Oktober 2024
Prolog
 
Das war´s! Mit einem Rundstreckenrennen durch die Innenstadt vom nordrhein-westfälischen Rheinbach ging die Straßenrad-Saison 2024 zu Ende. Ganz Rheinbach stand am ersten Sonntag im Oktober kopf. Wobei die vierzigste Jubiläumsausgabe vom Sommertermin Mitte Juni erstmals in den Herbst verlegt wurde. Zum Glück ließ Petrus den Himmel nicht weinen. Vor den Radrennen stieg ein Volkslauf über zehn Kilometer.
.:: DIE STRECKE ::.
Der Start befand sich in der Martinstraße auf Höhe des mittelaterlichen Wahrzeichens Wasemer Turm. Von dort ging es mit viel Schwung über den weiten Wilhelmsplatz in die Hauptstraße, dann über eine knifflige Schwelle in die Bachstraße, weiter von einen kraftraubenden Anstieg im Stadtpark in die Neugartenstraße und in einem Gefälle mit hoher Geschwindigkeit wieder in die Martinstraße zum Ziel. Die Runde war 1,6 Kilometer lang und hatte einen Höhenunterschied von sieben Metern.
.:: DAS RENNEN ::.
Der Morgen verlief wie immer vor einem Wettkampf: In aller Herrgottsfrühe aufstehen, Kaffee, Haferflocken, Freundin wecken, Kram einräumen und Abflug... Nach einer zweistündigen Fahrt durch dicke Nebelbänke hatten wir das Rheinbacher Umland zwischen Bonn, Eifel und Ahrgebirge erreicht. Kalter Wind, dunkles Gewölk, fallende Blätter und ein Gewirr aus engen Straßen und verwinkelten Fachwerkgassen schufen die Szenerie für das Herbsttreiben am Niederrhein - eine irgendwie fatalistische Grundstimmung für mich. Manche fuhren „lang“.
Ein Hauch von „Spiel mir das Lied vom Tod“ wehte durch Rheinbach, als es um 11 Uhr 10 zum Start der Masters 2, 3 und 4 sowie den Elitefrauen kam. Vierzig flinke Männer und Frauen waren im Schatten des Wasemer Turms ein letztes Mal aufs Rennrad gestiegen. Und ich im ersten Sturm. Allein in einer anderen Welt. Mit keiner Gelegenheit, die Strecke abzufahren. Keinem Schimmer, was mich hinter der nächsten Kurve erwartet. Und die Runde hatte es in sich! Neben einer zähen Steigung durch den Stadtpark strotzte die Fahrbahn vor Gefahren. Die Furchen, Schwellen, Deckel und Löcher waren an manchen Stellen so groß, daß es mich mitunter aus den Sattel katapultierte. Das Rennen der von großen Altersunterschieden geprägten Mastersklasse wurde zu einem reinen Ausscheidungsrennen, da speziell der frischgebackene Granfondo-Weltmeister Paffen aus den Niederlanden und in dessen Sog die jüngeren Fahrer vom ersten Meter an ein enorm hohes Tempo anschlugen. So dauerte es nicht lange, bis ich kapierte, daß ich heute nur eine Randfigur in einem raserischen Ringelpiez bin. Damit wollte ich mich aber nicht abfinden... Gleich zum Auftakt hatte es in einer der von teuflischen Eisenzäunen begrenzten Kurven gekracht. Die Stangen der Zäune dienten den Streckenposten und Zuschauern zwar als stimmungsvolle Rassel - bargen aber auch schlimmes Unheil. Nicht auszumalen, hätte sich jemand darin verfangen. Vage blieb ferner die Anzahl der noch zu fahrenden Runden. Drei Rennen mit drei unterschiedlichen Distanzen gemeinsam in einem Kurs mit nur einer Anzeigetafel - und dies bei Überrundungen: Das bedeutete Chaos! Nach fünf Runden konnte ich vorn nicht mehr mitgehen; in der neunten von achtzehn hatte ich aufgehört zu zählen. Ein abgehängtes Trio mit Rommelfanger holte mich ein. Zu viert absolvierten wir die Rennmitte. Dann kam uns im Park ein Auto frontal entgegen. Auch das ging gerade noch mal gut. Bis wir in Runde 13 von der heranjagenden Spitze überrundet wurden. Während meine drei Mitstreiter abfielen, konnte ich mich an einen isolierten Masters-3-Fahrer kleben, und fuhr in dessen Windschatten mein Finale. Peanut hatte die Glocke für die letzte Runde der Masters 4 wahrgenommen und rief sie mir vom Bordstein zu. Nichts war´s mit einem Podest im letzten Rennen des Jahres. Aber das stand von vornherein fest: Paffen, Trautmann, Sopp! Im weiteren Verlauf distanzierte der Sieger der Masters 2 und 3 auf den letzten zehn Kilometern das komplette Feld um zwei Minuten. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Masters lag über 43 Stukis, die der Amateure bei pfeilschnellen 48. Und das bei einer kurzen, rustikalen Runde mit je vier Kurven... Dopingkontrollen wurden nicht durchgeführt.
Epilog
 
Im Ziel ergaben sich Plaudereien mit dem Westerwälder Rommelfanger und dem Rheinländer Sopp. Der in einem dicken Porsche angereiste Sopp wirkte angesichts der niederländischen Dominanz etwas verstimmt, und berichtete - ohne daß ich das heikle Thema erwähnte - von den vielen, regelmäßigen Dopingkontrollen in Westdeutschland. So hatte die NADA erst jüngst dem Brackweder Radrennen einen Besuch abgestattet, und eine Probe von Sopp genommen. Hingegen woanders die immergleichen Phänomene unberührt von Sieg zu Sieg fliegen. Wem kann man trauen? Bis zum Schluß kommen immer wieder Zweifel an der Ehrlichkeit der Gegner auf. Die war und bleibt eine Illusion so diffizil wie Drogen. Ex-Ineos/Sky-Profi Christian Knees indes hatte vor zwei Jahren in Rheinbach sein Abschiedsrennen gegeben, und seinem Heimatverein heute Trinkflaschen von Ineos Grenadiers gestiftet. Ein Pärchen davon staubte ich im Rennbüro ab. Rheinbach war mein schwächstes Rennen 2024 - eine Blamage. Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören, sagt der Volksmund. Das wäre für mich nach Trier im Mai gewesen. Es sei denn, der liebe Radsportgott hat noch etwas vor mit mir. Am späten Mittag machten wir uns ohne die obligatorischen Kaffee, Kuchen und Bier auf den Heimweg. Womöglich war es die Abkehr von Rennschlachten für immer.
 
 
Mein Dank geht an
meine Freundin Peanut, die sich ein weiteres Jahr für mich aufgeopfert hat. Vielen Dank, daß du das gemacht hast, für die gesamten sechs Jahre auf Tour. Nur dank deiner Unterstützung konnte ich all die Dinge tun, die ich in den letzten Jahren gemacht habe. Wir sind eine Partnerschaft, eine Renngemeinschaft! Wo wir schon überall rumgekommen sind! Die ganze Reise, was da gewachsen ist, was wir zusammen durchlebt haben, war etwas ganz Besonderes für mich!......
 
 
Vitus, Bilder: Peanut & Vitus, 8. Oktober 2024
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: bewölkt, 9ºC, schwache Brise aus Südsüdost (19 km/h)
Typ: Rundstreckenrennen
Länge: 29 km
 
Gemeldet: 195
Elite-Amateure: 35, Amateure: 46, Masters 2/3: 28, Masters 4: 11, U17: 8, U15: 10, Elite-Frauen: 9,
Hobby: 48
 
Am Start: 153
Elite-Amateure: 26, Amateure: 35, Masters 2/3: 22, Masters 4: 10, U17: 7, U15: 9, Elite-Frauen: 8,
Hobby: 36
 
Im Ziel: 129
Elite-Amateure: 22, Amateure: 24, Masters 2/3: 19, Masters 4: 10, U17: 5, U15: 9, Elite-Frauen: 7,
Hobby: 33
 
Masters 4
Meldungen:
11
Am Start:
10
Im Ziel: 10
1. Ron Paffen (Cycling Team Limburg, Niederlande) 39:46
2. Dirk Trautmann (RV Komet Delia 09 Köln) +0:02
3. Jürgen Sopp (RC Musketier Wuppertal)
4. Andreas Kolpak (RuMC Sturm Hombruch) +0:57
5. Rafael Kitza (SC Union Nettetal 1996) +2:01
6. Jürgen Buchmüller (RuMC Sturm Hombruch) -1 Rd.
7. Mario Voland (Dresdner SC 1898)
 
Ergebnisse
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