9. HEIDERADCUP
Torgau, 16. Juni 2019
STRECKE ¤ RENNEN ¤ STATISTIK
Prolog
 
Wenngleich nicht von epischer Länge, so war der Heideradcup eines der letzten noch existierenden STRAßENRENNEN für Lizenzfahrer in Deutschland. Alle anderen Veranstaltungen beschränkten sich mangels Geld auf Ringelpieze auf engstem Raum. Umso schleierhafter wirkten die Meinungen des Veranstalters „Sportfreunde Neuseenland“ über Lizenzfahrer. Einerseits freuten sie sich auf ihrer Internetseite, daß sie nach der Premiere des Lizenzrennens 2017 und der Absage 2018 (wegen Terminkollision mit dem Sachsenring) für 2019 eine neue Genehmigung erhielten, und sich alle Teilnehmer der Lizenzrennen auf tolle Strecken über 70 und 110 Kilometer freuen können. Andererseits sprang einem dieser Aufmacher mitten ins Gesicht: „Die Tage an denen Rennrad-Wettkämpfe ausschließlich aktiven Rennfahrern mit einer gültigen Lizenz vorbehalten waren, sind Geschichte. Inzwischen haben sich Jedermannrennen deutschlandweit als fester Bestandteil der Veranstaltungsszene etabliert und sind unumstritten ein reizvoller Wettbewerb für ambitionierte Freizeitsportler.“ - - Für mich selbst war der Heideradcup das zweite Lizenzrennen der Neuzeit. Nach Rund um den Sachsenring, als die Mastersklassen 2, 3 und 4 (sprich: alle ab 40) gemeinsam gestartet und gewertet wurden, wurden diesmal „nur“ die Master 2 und 3 (also 20 Jahre Altersabstand) in einen Topf geworfen (während ein Dutzend der Masters 4 eine Trainingsfahrt im kleinen Kreis genoß). Die Gedanken der Macher werden ein Geheimnis bleiben. Denn ein Masters-3-Fahrer wird nie einen 19 Jahre Jüngeren schlagen - sosehr er auch kämpft! Dazu war mir mit dem Mittwochsrennen auf der Bahn in Heidenau vier Tage vorm Rennen unwetterbedingt ein wichtiges Training entgangen. Aber ich mußte wieder in Form kommen. Torgau lieferte den Stand der Dinge...
 
.:: DIE STRECKE ::.
Das Rennen durch die hügelige Endmoränenlandschaft zwischen der Dahlener und Dübener Heide in Nordsachsen hielt reliefmäßig in der ersten Hälfte ein ständiges Auf und Ab über flache und steilere Hügel mit dreihundert Höhenmetern bereit. Besonders in der Frühphase gab es kaum einen flachen Meter. Dabei führte der Weg auf einer Länge von siebzig Kilometern von der Kleinstadt Torgau durch zahlreiche Gemeinden und Straßendörfer im südwestlichen Umland zurück zum Stadtrand von Torgau. Eine Hälfte ging es durch windgeschützten Wald, die andere über Ackerland. Kurvige Ortsdurchfahrten und verschiedene Straßenbeläge von Asphalt bis Kopfsteinpflaster verlangten den Sportlern volle Aufmerksamkeit ab.
 
.:: DAS RENNEN ::.
Morgens um acht, also zwei Stunden vorm Start der Elite-Amateure, ging die Reise des Dresdner SC nach Torgau, los. Im Bus saßen neben unserem Chef und Fahrer „Decko“ und mir, unser derzeit einziger Elite-Amateur Heider sowie die Mastersfahrer Springer, Hube und Miersch. Nach Routenänderung wegen Stau auf der Autobahn und Umleitung vor der Wettkampfzone, hatten wir halb zehn den Süden von Torgau erreicht. Wir parkten auf dem Campingplatz „Am Großen Teich“. Damit ging´s vorm Start hektisch zu: Räder ausladen, raus aus dem Räuberzivil, rein in die Rennkleidung, Lizenz und Startgeld in die Trikottasche, und nichts wie zur Anmeldung im anderthalb Kilometer entfernten Haus „Sanssouci“ neben Start und Ziel. Unserem Elite-Amateur Heider blieben dafür dreißig, den Mastersfahrern vierzig Minuten.
Schlag zehn gingen die Halbprofis auf den langen Kanten des Tages. Fünf Minuten später postierte sich ein bulliger Kampfrichter auf der Startlinie in der Dahlener Straße, um mit Trillerpfeife und fünf Fingern die letzten fünf Minuten zum START der siebzig lizenzierten Masters 2 und 3 runterzuzählen. Währenddem kontrollierte ein scharfer Blockwart die ordentliche Anbringung der Startnummer. Eine gefaltete mußte Sekunden vorm Start zwingend neu angepikt werden. Als bizarres Szenario dröhnte dabei „T.N.T.“ von AC/DC aus den Lautsprechern. Mein Hintermann sang textsicher mit. Punkt 10 Uhr 10 explodierte der Peng. Vom ersten Meter an wurde mit harten Bandagen gekämpft. Dabei standen nicht nur Verkehrsinseln als Gefahrenstellen im Weg, bis zum zehnten Kilometer ging es auch stetig leicht hinauf. Nach vierzehn Kilometern über Ackerflächen und hinein in die Dahlener Heide, schoß mir der erste Schmerz in die Beine. Und in Lausa, dem zweiten Dorf nach Torgau, rutschte beim Anbremsen vor einer Rechtskurve zum zweitenmal mein Hinterrad weg. Ich verlor den Anschluß. Zwei weitere Fahrer fielen hinten raus. Zu dritt sammelten wir nach kilometerlangem zähen Kampf ein Trio auf. Nach zwanzig Kilometern begann es zu nieseln. Die restlichen fünfzig fuhren wir im strömenden Regen. Spritzwasser erschwerte die Sicht. Mit zwei weiteren Fahrern von vorn war unsere Schar zur größten Verfolgergruppe des Hauptfelds angewachsen - die jedoch in einer Kurve durch einen Sturz um einen Mann dezimiert wurde. An derselben Stelle war Minuten zuvor mein Kumpel Rheingans abgeschossen worden. Obwohl in der zweiten Rennhälfte kein Gegner mehr in den Blick rückte, waren es nun zwei Fahrer vom OSC Potsdam Luftschiffhafen, die mich durch Tempoverschärfungen an meine Grenzen trieben. Erwähnenswert sind ferner die vielen Zuschauer auf den Dörfern, die trotz des Regens die Radrennfahrer von den Bordsteinen aus anfeuerten. Schnellster „Promi“ war heute der Ex-Sprintstar von Team Milram und Gerolsteiner Robert „Frösi“ Förster als Vierter. Ein anderer ehemaliger Profi, Jörn Reuß (Team Wiesenhof), wurde Siebenter. Von meinen Mannschaftskameraden landete Springer auf der 13. und Hube auf der 29. Stelle. Ich rangierte auf Gesamtplatz 51 und war mit selbstgestoppten 1:49 Stunden immerhin vier Minuten schneller als der Sieger der Masters 4. Rheingans schied mit Defekt aus. Miersch wurde Opfer einer Fehlleitung. Unser Halbprofi Heider kam nach 110 Kilometern im Massensprint auf der 25. Stelle ins ZIEL.
Epilog
 
Alle Zuwendung galt den eingangs erwähnten „ambitionierten Freizeitsportlern“, die für ihr Jedermannrennen bis zu 66 Euro Startgeld blechten und dafür vom Sprecher wie Könige hofiert und mit Finishermedaillen dekoriert wurden. Nur die Zeiten der Jedermänner wurden elektronisch erfaßt. Die Lizenzfahrer mußten lange auf ihr Ergebnis warten. Dies wurde händisch erfaßt - menschliche Fehler eingeschlossen. Am Mittag des Folgetags wurden provisorische Ergebnislisten veröffentlicht. Die Mitteilung ans amtliche BDR-Organ „Rad-Net“ erfolgte zwei Tage später. Der Eindruck, daß die Lizenzfahrer auch in Torgau zu einem Anhängsel des BDR abgestiegen sind, mit dem sich keine Veranstaltung stemmen läßt, verdichtet sich immer weiter. Da half auch nicht der geerdte Charme auf dem sächsichen Land. Wer vorn fuhr, schlug sich zudem mit einem „Problem“ rum, daß dem Radsport schon immer anhing. Daß nämlich bei fünfzig Stundenkilometern völlig versteckt Gefahrene locker an einem vorbeischossen. Ein großes Thema und ein riesiger Frust für alle, die sauber sind. Das war der Heideradcup, eine weitere Übung auf dem Weg zum Höhepunkt am 7. Juli in Görlitz. Rennkilometer sammeln: Mehr war es nicht.
 
Danke
Meine Ehefrau Peanut (für Unterstützung und Opferung der gemeinsamen Stunden)
 
 
Vitus, 19. Juni 2019; Bilder: Heideradcup, LaRaSch
 
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: anfangs bedeckt, später Regen,18ºC, mäßiger Wind aus West
Zuschauer: ca. 2000 (Veranstalterangabe)
Typ: Straßenrennrennen
Länge: 70 km
 
Teilnehmer insgesamt: 912
Jedermannklasse
Am Start:
772
Im Ziel: 525 (40 km: 118 (M: 91/W: 27), 70 km: 246 (M: 224, W: 22, 110 km: 140 (M: 132/W. 8, Kinder: 21)
Lizenzfahrer
Am Start:
140 (KT+Elite-Amateure (110 km): 32, Masters 2/3 (70 km): 57, Masters 4 (70 km): 15)
Im Ziel: 102 (KT+Elite-Amateure: 31, Mastsers 2/3: 58, Masters 4: 13)
 
Masters 2/3 (70 km)
Am Start:
ca. 70
Im Ziel: 58
1. Mirko Brauns (RSG Muldental Grimma) 1:35:34
2. Fabian Pohl (RSC Nordsachsen)
3. Renzo Wernicke (RSC Nordsachsen)
4. Robert Förster (RFC Markkleeberg)
5. Harry Kühnelt (Dessauer RC)
6. Oliver Jentzsch (SC DHfK Leipzig)
51. Vitus (Dresdner SC 1898) + 14:14
 
Ergebnisse

Heideradcup
Bilder
Larasch