OFFENE LANDESMEISTERSCHAFT BERGFAHREN SACHSEN
25. BERGFAHREN AM CZORNEBOH
Cunewalde, 14. Juni 2025
Für Erika
 
 
Drei Tage waren seit dem Abschied von ihrer Mutter vergangen. Am heutigen Sonnabend kehrte Peanut von ihren herzzerreißend traurigen Missionen in der Heimat Nordhessen nach Dresden zurück. Nun waren ihre Eltern und Großeltern nicht mehr da - und mein Mädel so allein auf Erden wie ich. Derweil Peanut sich auf eine weitere schwere lange Reise zwischen West und Ost machte...
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... war der Leiter vom Dresdner SC mit einer Schar Teenager und zwei Mastersfahrern schon in aller Herrgottsfrüh im ostsächsischen Cunewalde eingetroffen. Ziel war der 557 Meter hohe Schleifberg zu dessen Füssen sich der Stert befand. Um die Erhebung am Lausitzer Bergland ranken sich manche Mythen und Sagen. Demnach nannten die Slawen sie „Zcerneboch“, deutsch: Schwarzer Gott, Eine Steingruppe auf dem Gipfel wird als slawischer Götterorakelort gedeutet; ein Frageloch, aufgeschichtete Altäre, Fackelhalter und Opferbecken wurden darin vermutet; Reste slawischer Burgwälle im Czorneboh gefunden. Während man im Finsterwald den Kult des schwarzen Gottes Czorneboh und der Nacht- und Todesgöttin Cornybóh-Pya verortete, soll die Felsgruppe Hochstein ein heidnischer Opferplatz gewesen sein. Die Wenden unternahmen Wallfahrten zum Czorneboh. Sagen erzählen von Koboldkammern, Teufelskanzeln und Teufelsfenstern. Die Felsobjekte zur Sonnenbeobachtung gelten als Sonnenheiligtümer der Oberlausitz. Die symbolische Kraft durfte heute jedenfalls nicht unterschätzt werden. Mit dem Wissen, daß der Mensch nicht mehr als ein Gast auf Erden und der Tod nicht das Ende ist, kann eine religiöse Kultstätte mit einem mythologisch aufgeladenen Name wie Czorneboh im Wortsinne Berge versetzen und ganz neue Perspektiven erschaffen.
.:: DIE STRECKE ::.
Der Weg zum Gipfel war 4,3 Kilometer lang, hatte 268 Höhenmeter und verlief durchgehend auf schmalem Asphalt. Vom Betonwerk Schuster auf der Südseite des Bergs (286 Meter über N.N.) schlängelte sich der Streitbuschweg zuerst durch dichten Wald nordwärts über drei ruppige Rampen zur Bergschulter. Am Löbauer Weg ging es links weg und 1,5 Kilometer westwärts durch eine kurze Senke und über zwei weitere Knüppel bis unter die Bergbaude auf 554 Meter Höhe. Die steilste Stelle hatte 17 Prozent Steigung.
.:: DAS RENNEN ::.
Wie vor einem Jahr wurde die Bergmeisterschaft über ZWEI MASSENSTARTs statt einem Massenstart und einem anschließenden Verfolger ausgetragen. Demnach erreichten die besten Zehn des Vorlaufs das Finale. Masters 2, 3 und 4 fuhren gemeinsam in drei kleinen Blöcken und bei getrennter Wertung. Die Kampfrichter hatten weniger Aufwand, doch den Fahrern fehlte die Übersicht im Entscheidungslauf. Klarheit hatten sie erst im Ziel nach der Addition der Zeiten aus beiden Durchgängen.
 
Punkt 9 Uhr 25 startete ich in die Mission Podiumsplatz. Wegen einiger prominenter Ausfälle gehörte ich zum Favoritenkreis. Es wäre das dritte Treppchen bei einer Sächsischen Bergmeisterschaft nach 2022 und 2024. 2022 durfte ich lächeln, 2024 war Schmidt nicht zu schlagen. Wieder mußte ich 76 Kilo Körper und 8 Kilo obsoletes Material hochwuchten. Von nur fünf gemeldeten Masters-4-Fahrern gingen vier in den VORLAUF. Der Chemnitzer Langhals fehlte. Zum Auftakt ging es flach zu, jeder hatte Zeit in Ruhe ins Pedal einzuklicken. Doch gleich im ersten Steilanstieg flog die vierzehnköpfige Schar auseinander. Der Masters-2-Fahrer Mikonya aus Görlitz, sowie Masters 3 Philipp aus Hainichen kämpften in Sichtweite vor mir. Nach dem Vorlauf war ich Dritter der Masters 4 hinter dem Venusberger Schmidt und dem Torgauer Kiefl.
 
In der Rennpause ab 10 Uhr 10 leitete ein Führungsfahrzeug die gemeinsame Abfahrt auf einer neun Kilometer langen Route über die Ostflanke zum Start des zweiten Durchgangs in Cunewalde.
 
Das FINALE der Masters stieg um 11 Uhr 25 und glich dem Vorlauf. Wobei ich weniger leiden mußte. Nach vorn auf Sicht, nach hinten absichern: Mehr war nicht tun. Angeführt von meinem Mannschaftskameraden Robert Benedix waren die jungen Masters 2 schon an der ersten Rampe enteilt. Mit dem dritten Bronze im laufenden Jahr hatte ich mehr erreicht als in den kühnsten Träumen ausgemalt. Die Seele von Peanuts Mutter schwebte über den dichten Baumkronen des Berges Czorneboh.
Finale
 
Hlab eins stiegen vor der Czornebohbaude die Ehrungen. Der auf Bergrennen spezialisierte Karsten Schmidt vom RSV Venusberg krönte sich erneut zu Sachsens Bergkönig. Vize wurde der deutsche Mastersmeister von 2023, Uwe Kiefl. Beherrscht wurde das Treppchen indes von Blau und Rot: Der Dresdner SC feierte sechs Siege und acht weitere Podiumsplätze. Mit dem aus Zwiesel im Bayrischen Wald stammenden und nun in Berlin lebenden Kiefl, sowie meinem Manschaftskameraden und Zweiten der Masters 2, Benedix, saß ich noch lange unter den rauschenden Wipfeln im Garten der Bergbaude zusammen - dort, wo einst mythischer Kult entstand. Den Abend verbrachte ich mit meinem Mädel in einer absurden Mischung aus Podiumsfreude und Totenfeier im Brauhaus „Watzke“ in Dresden, wo wir die vergangenen Stunden mit Altpieschner Bier auslöschten. Der schwarze Gott war erneut ein guter Gott!
 
Widmung
Das Rennen im Czorneboh schenke ich meiner Schwiegermutter.
Ruhe in Frieden Erika - bei deinem Rudi!
 
 
Vitus, 20 Juni 2025, Bilder: Postkarte, Reinhard Rohrmann
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 26ºC, leichte Brise aus Südost (7 km/h)
Typ: Bergfahren
Länge: 2 x 4,3 km
 
Im Ziel: 101
Elite-Amateure: 1, Masters 2: 5, Masters 3: 4, Masters 4: 4, U23: 2, U19: 11, U17: 11, U15: 12, U13: 11, U11:10, Weibliche Klassen: 9, Hobby: 21
 
Masters 4
Meldungen:
5
Am Start: 4
Im Ziel: 4
1. Karsten Schmidt (RSV 54 Venusberg) 26:28
2. Uwe Kiefl (SSV Torgau 1952) 27:20
3. Mario Voland (Dresdner SC 1898) 31:31
4. Lutz Lehmann (BSV AdW Berlin) 38:23
 
Ergebnisse

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