19. ROM-MARATHON, 17. März 2013
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AUFBAUKÄMPFE
Pohlheimer Halbmarathon, 9.2.13
Mörfelder Halbmarathon, 24.2.13
STRECKE ¤ VORBEREITUNG ¤ MARATHON ¤ STATISTIK ¤ BILDER
Rom - Götterdämmerung
 
 
Für Annelies
 
 
Rom stand für uns lange unter einem fremden Stern. Mit der Ewigen Stadt sollten wir uns auf den Spuren längst vergangener Zeiten bewegen. In vielerlei Hinsicht. Als Abebe Bikila beim Olympia-Marathon 1960 triumphierte (in der römischen Dunkelheit, mit Taschenlampen illuminiert, barfuß und mit Weltrekord), waren Marathona Peanut und ich noch gar nicht geboren. Dazu sollte es ein, zwei Jahre später kommen. Auch eine andere Legende, Dorando Pietri, war da bereits drüben in der anderen Welt. Im Hier und Heute waren wir so hin- und hergerissen wie nie zuvor, schienen von einem Marathon entfernter denn je. Nach dem Fanal im Vorjahr mit langer Verletzung und vollständigem Formverlust befand ich mich bereits im Ruhestand. Wozu monatelang alles geben, Verzicht, Schinderei, Zeit, Leidenschaft und Hingabe? Um sich nach 42 Kilometern gerade so unter eine „magische“ Zeit ins Ziel zu zittern? Oder in letzter Sekunde durch Erkrankung, Verletzung oder höhere Gewalt der Früchte beraubt zu werden? Ich hatte das nie verwunden, wollte paar Gänge rausnehmen, etwas Freude haben...
 
Im Dezember war Peanut mit mir von der Stadt aufs Land gezogen. Ab sofort hausten wir nicht mehr in einer Mietwohnung, sondern lebten in Haus und Hof in einem Dorf des Friedens. Haus und Hof sind schön - aber auch viel Arbeit. Dazu kam die Eingewöhnung, die Gegend wollte erkundet werden. Wochenlang kamen wir nicht zur Ruhe. Drei Monate mußten wir ohne Küche auskommen. Ein erbarmungsloser Winter verschärfte die Lage. Wir kamen in knackiger Kälte an - und die sollte bis zum Marathon anhalten. Ich selbst durchlitt poststädtische Zerrüttungen. Mit unserem Ortswechsel brach auch die Verbindung zur Frankfurter Sportgruppe ab. Anfang Februar waren wir aus dem Gröbsten raus und genossen das Eremitendasein in unserem Kartoffeldorf mit der urwüchsigen Natur ringsherum. In der Wetterau gibt´s wohlschmeckenden Apfelwein, dazu all das angelieferte Bier... Wir waren aus der Zeit gefallen, doch Stillstand wäre das Ende. Um Leib und Seele aufrecht zu halten und dem vorzeitigen Dasein in Gummistiefeln zu entkommen, haben wir auf die alten Tage noch mal das Adrenalin gesucht. Peanut wollte einmal im Leben nach Rom...
 
Der 1995 vom Marathonchef Enrico Castrucci mit Unterstützung einiger Geschäftsmänner und des regierenden Bürgermeisters Rutelli gegründete „Maratona della Città di Roma“ hat - abgesehen vom Rausch und Leid der 42,195 Kilometer und dem Ziel am Kolosseum - wenig mit dem von Olympia 1960 gemeinsam. Die Läufer werden auf der Strecke verhätschelt und getätschelt, sie kommen vor Einbruch der Dämmerung ins Ziel, und die Meldezahl sprengt Dimensionen, wie sie sich vor einem halben Jahrhundert niemand vorstellen konnte. Eine Obergrenze ist nicht festgelegt. Mehr als 14
 000 Athleten wollten 2013 durch Rom laufen. Dazu kamen 45 000 beim Volkslauf „La Stracittadina“. Auch ein vom Weltverband lizenzierter Clubausweis oder ein teures „Certificato medico“ (Gesundheitszeugnis) war damals zum Start nicht vonnöten. Immerhin siegten neben Abebe Bikila mit Stefano Baldini und Fatuma Roba zwei weitere Olympiasieger in Italiens Hauptstadt. Aber selbst der mythische Äthiopier war nicht der erste Held in der Ewigen Stadt. Marathons werden in Rom schon seit 1904 gelaufen. 1906 gewann der Emilianer Pietri, der 1908 bei den Spielen in London erst völlig entkräftet mit fremder Hilfe über die Linie bugsiert - und dann ausgeschlossen wurde. Schließlich sollte das zur gleichen Zeit stattfindende erste Gebet des neuen Papstes dem diesjährigen Lauf eine historische Bedeutung geben. Romulus, Remus, Wölfin, wer zählt die Völker, nennt die Namen.......?
 
.:: DIE STRECKE ::.
Roms Marathon war im Centro Storico zwischen Kolosseum und Vatikan angesiedelt. Vom Forum Romanum führte der Weg zuerst in den römischen Süden. Über die Via dei Fori Imperiali ging es auf die Piazza Venezia, vorbei an Vittoriano und Kapitolshügel zum Marcellustheater und zum Circus Maximus. Hinter der Cestius-Pyramide wurde an der Basilika Sankt Paul der südlichste Punkt erreicht. Die Strecke überschritt den Tiber und folgte dem Fluß erst auf dem linken, dann auf dem rechten Ufer vorbei an der Tiberinsel bis zur Engelsburg. Hier bog sie über den Tiber nach Westen ab, führte an den Mauern des Vatikan nach Norden, und kehrte in einem Bogen zum Tiber zurück. Nach dem Halbmarathon-Punkt wurde das Foro Italico mit dem Olympiastadion passiert, der Kurs querte auf das rechte Ufer des Tiber, verlief durch das olympische Dorf und folgte dem Fluß in Fließrichtung nach Süden. Das letzte Fünftel führte durch die Altstadt. Durchs Marsfeld, über die Piazza del Popolo und vorbei an Spanischer Treppe, Pantheon und Trevi-Brunnen, gelangte man auf die Piazza Venezia und lief noch mal am Circus Maximus entlang. Den Konstantinbogen passiert, ging es ums Kolosseum herum und auf die breite Zielgerade Via dei Fori Imperiali. - Im historischen Zentrum war kantiges Pflaster zu meistern. Ferner gab Europas erster großer Marathon im Jahr aber die volle Geschwindigkeit her. Die Rekorde hielten Benjamin Kiptoo Kipkemboi (Kenia) mit 2:07:17 Stunden (2009) und Galina Bogomolowa (Rußland) mit 2:22:53 Stunden (2008).
 
Karte und Höhenmessung
Google
 
.:: DIE VORBEREITUNG ::.
Mit unserer sehr spartanischen Vorbereitung auf Rom bewegten wir uns erstmals auch in den Hügeln, Wäldern und der Matschepampe der Wetterau mit der Nidda-Route (Hessischer Radfernweg 4) als Kern. Das Übungsgelände erstreckte sich von Rosbach unterhalb der Berge des Taunus über die Dörfer im Niddatal bis Dauernheim hinter der Nachtweid im Osten, und von Frankfurt-Harheim über Karben bis nach Friedberg im Norden. Dabei gab es an der Nidda flußab Berührungen mit dem alten Trainingsgelände. Durch den Sportplatz der TV Assenheim stand uns eine Aschenbahn zur Verfügung. Peanut konnte werktags nur auf einem beleuchteten Radweg parallel zur „Wöllstädter Meile“ pendeln (im Sommer führt der Ironman Frankfurt hier lang). Wochenlang nur einen Kilometer hin, einen wieder zurück, einen hin, einen zurück... - Ab sofort ließen wir es mit Training und Ernährung lockerer angehen. Zwölf Wochen vorm Marathon haben wir Süßigkeiten, Handkäs´ und Apfelwein weggelassen, die Umfänge etwas gesteigert und die Schritte wieder beschleunigt. Aber wir haben uns keinen Kopf darum gemacht, daß es mit schnellen Zeiten wohl nichts mehr wird. ROM DURCHLEBEN, hieß das Ziel.
 
 
Im Folgenden Berichte von den AUFBAUKÄMPFEN:
 
38. LIMES-WINTERSERIE, 9.2.13
(Halbmarathon)
Wenn aus Kämpfern Narren werden
 
Quo vadis, Bewegung? Nach vier Monaten voller Ausschweifungen, Maßlosigkeit und schwankender Motivation - darunter ein nach schlafloser Nacht abgeblasener Ultra in Rodgau Ende Januar, der letzte Wettkampf datierte somit aus dem Oktober 2012! - hatten wir uns zu einem Halbmarathon in Pohlheim aufgerafft. Pohlheim bot den einzigen seit Monaten und war uns als Sitz der Reiseagentur Interair bekannt, mit der wir in London, Boston, New York, Paris und Chicago waren. Pohlheim sollte so was wie ein Neueinstieg in die Laufbewegung werden. Für Sonnabend, 14 Uhr, war der Start angesetzt. Das hieß mitten hinein in die Anreise der Anhänger von Eintracht Frankfurt zum Heimspiel gegen Nürnberg. Während jene mit Bier aufmunitioniert von den Bahnhöfen Friedberg und Gießen nach Süden zum Waldstadion strömten, führte uns der Weg in die entgegengesetzte Richtung zur großen Sporthalle von Watzenborn-Steinberg. Dort verloren sich zweihundert menschliche Wesen (darunter Interair-Chef Wricke persönlich: erst als Verteiler von Körperpflegemitteln, später als Zuschauer an den Streckenkilometern 5 und 13).
 
Ansonsten gab sich die mittelhessische Provinz grimmig kalt, und durch die winterliche Feld-und-Wiesenkulisse wirkte alles noch viel karger und einsamer. Der Versuch diverser Helfer und Läufer anläßlich Fasching als Clown, Pumuckl oder Hawaii-Urlauber Farbe ins Spiel zu bringen, verkam zur Peinlichkeit. Ein ehemaliger Tempomacher vom Bienwald-Marathon bestach als Marsmännchen mit grünen Hörnern... Immerhin wehte kaum Wind. Durch Pohlheim verlief der nördlichste Teil des obergermanischen Grenzwalls Limes, daher haben die Veranstaltung und die Gemeinde ihren Namen (Pfahlheim). Einen Segelflugplatz passiert, führte die Doppelrunde im südlichen Zipfel zweimal direkt auf dem Limes entlang. Von Pfählen, Wall und Graben und Wachtürmen aus Holz war jedoch nichts mehr sichtbar. Stattdessen ging es über Zement, der mit Schnee, Eis, Pferdedung und gefrorenem Kuhmist übersät war. Neben zermürbenden Geraden übers freie Feld waren auch einige Gefälle und Anstiege mit 150 Höhenmetern zu überwinden.
 
Trotz lasterhaftem Lebenswandels, keinem Vereinstraining seit letztem Herbst, sowie diverser leiblicher und seelischer Wehwehchen, brachte ich noch eine Halbmarathonzeit von 1:32 Stunden zustande. Peanut brauchte etwas über zwei Stunden, rangierte aber in ihrer Altersklasse am Ende auf Platz drei. Zwei junge Ausländer, die einzigen in der weißen Wetterau könnte man ketzerisch mit Blick auf die unaussprechlichen Namen meinen, liefen die Gegner in Grund und Boden. Wir schweigen und laufen die kommenden Wochen kreuzbrav weiter.
 
ZAHLEN UND ZEITEN
 
Wetter:
freundlich, -2ºC, leichte Brise
 
Teilnehmer im Ziel:
235 (HM, 5 km, Sportwandern)
Halbmarathonläufer im Ziel: 187 (M: 155 / W: 32)
 
Männer
1. Jamal Sanhaji (SF Blau-Gelb Marburg) 1:13:52
2. Necat Basak (TV Wallau) 1:14:27
3. Georg Dewald (TSV Krofdorf-Gleiberg) 1:17:56
38. Schauläufer Vitus (Spiridon Frankfurt) 1:32:30 (5. M50)
 
Frauen
1. Anna Reuter (FV Wallau) 1:27:34
2. Kim Mess (TV Gladenbach) 1:39:34
3. Dinah Mattay (ASC Marathon Frieberg) 1:41:31
23. Peanut (Spiridon Frankfurt) 2:02:12 (3. W50)
 
Ergebnisse

TV 07 Watzenborn-Steinberg
Ankunft in Pohlheim
 
Viele Wege führen nach Rom
 
Nach der Nichtanerkennung unserer Clubausweise (beim Spiridon-Ausweis fehlte das aktuelle Kalenderjahr), nach Schwierigkeiten bei der Beschaffung der ärztlichen Atteste, und Hin und Her bei der Reservierung von Flug und Unterbringung, haben wir am 19. Februar das Ostberliner Reiseagentur „Reisezeit“ (Ableger des Verlags „Laufzeit“ und einer von 13 zugelassenen deutschen Reiseveranstaltern) mit der Durchführung unseres Rom-Marathons beauftragt. Mit 700 Euro pro Kopf für Flug und fünf Nächte waren wir dabei. Die Einschreibegebühr betrug pro Starter 80 Euro.
 
36. HALBMARATHON DER SKV MÖRFELDEN, 24.2.13
Schneeblind und taub durch Waldfelden
 
Ausgerechnet am Nachmittag vorm Rennen durch den Mörfelder Wald hatte sich Frau Holle wieder ans Werk gemacht, und auch in der Nacht nicht geruht. Am Morgen war Hessen weiß; das Thermometer zeigte Minusgrade. Damit fand auch die zweite Bewährungsprobe vor Rom bei Schnee und Eiseskälte statt. Wegen der Abgeschiedenheit der Wetterau (alle Stunde eine Schnellbahn) mußte ich mich kurz nach vier Uhr aus den Federn pellen. Da herrschten im Haus noch 13 Grad... Dafür waren wir um acht die Ersten in der Schaltzentrale. Dort trafen wir bei unserer sechsten Teilnahme in Serie auf dieselben zwei Herren aus der Pioniergeneration der Sport- und Kultur-Vereinigung, die von Jahr zu Jahr etwas tatteriger und vergeßlicher werden. Die Sparte Fußball gründete sich anno 1909... Ferner kam es zu einem Wiedersehen mit alten Bekannten, wie den unermüdlichen Spiridonern Lee und Dörr sowie den Japanerinnen Kuromi und Nomura, die letzten Sommer die Regenschlacht in Obertshausen mit uns teilten.
 
Bei unermüdlich Schnee von oben und weiter sinkender Starterzahl erfolgte um 9 Uhr 30 der Start. Nach einer viertel Runde auf der Starkenburg-Kampfbahn ging´s in einen lautlosen Winterwald, der heute in Verbindung mit den nahen Rollbahnen des Frankfurter Flughafens für eine äußerst bizarre Szenerie sorgte. Über die gesamten 21 Kilometer lag eine dünne Schicht Pulverschnee, über die man sich wie auf einem unendlichen weißen Band durch den Wald bewegte. Mörfelden ist offenbar auch eine Lieblingsstrecke von M. Skalsky. Der gebürtige Bonner gewann hier zum vierten Mal den Halbmarathon - wie stets in kurzer Hosen und mit kurzen Ärmeln. Diesmal war Skalsky dem Rest um neun Minuten enteilt und hätte mit der Siegerzeit von 1:11 Stunden unter normalen Bedingungen sicher auch den Streckenrekord von 1:08 Std. geknackt. Unfaßbar! Mir selber gelang trotz Winterspeck und chronischer Gebrechlichkeit - nach 18 Kilometern kam es wieder zum vertrauten, krampfähnlichen Schmerz im Oberschenkel - gegenüber Pohlheim ein Sprung von drei Minuten nach vorn. Dabei mußte ich ohne Uhr auskommen: Am dritten Kilometer waren unter mysteriösen Umständen sämtliche Anzeigen gelöscht. Womöglich war ein Idiot mit S t ö r s i g n a l, Magnet o.ä. unterweges. Dazu hatten mir die Kälte, der Schnee und die ins Auge stechenden Eiskristalle derart zugesetzt, daß mir im Ziel schwindelig wurde. Waldmädel P. kam lockeren Schrittes und mit viel Gelassenheit ins Ziel. Bei ihrem sechsten Lauf durch die Baumriesen an der Alten Rüsselsheimer Straße war Peanut erstmals knapp über zwei Stunden geblieben. Aber sie hatte Spaß gehabt. Und bei der Kälte, dem Boden, kreuzenden Geweihträgern sogar, durfte sich jeder zwei, drei Minunten abziehen.
 
Im Klubhaus trafen wir noch mal auf die Frauen aus dem Reich der aufgehenden Sonne: beide weit jenseits von zwei Stunden, Aiko dazu noch mit Knieschmerzen, die sie auf den letzten beiden Kilometern zum Gehen zwang, sowie Benjamin K. vom ehemaligen Laufgelände an der Nidda, der uns im Auto zur Bahn in Frankfurt brachte. Am frühen Nachmittag waren wir von der letzten schweren Prüfung vor Rom zurück in der Wetterau.
 
 

ZAHLEN UND ZEITEN
 
Wetter:
wolkenverhangen mit leichten Schneefällen, -2ºC, schwacher Wind
 
Gemeldet:
346
Im Ziel:
289 (M: 235 / W: 54)
 
Männer
1. Martin Skalsky (LG Rüsselsheim) 1:11:17
2. Victor Larisch (TuS Lörrach-Stetten) 1:20:12
3. Uwe Bernd (LG Rüsselsheim) 1:20:50
25. Schauläufer Vitus (Spiridon Frankfurt) 1:29:24 (3. M50, 25. Gesamt)
 
Frauen
1. Nicole Best (TV 1848 Groß-Gerau) 1:30:27
2. Sevim Haaß (SSC Hanau-Rodenbach) 1:32:44
3. Nicole Benning (EK Schwaikheim) 1:35:13
39. Peanut (Spiridon Frankfurt) 1:59:04 (4. W50, 35. Gesamt)
 
Ergebnisse

LG Mörfelden-Walldorf
Im Mörfelder Wald
 
NEUER PAPST
 
Nach dem Rücktritt von Papst Benedikt stand in Rom die Wahl des Nachfolgers an. Ausgerechnet in die Zeit des Marathons sollte auch die Krönung fallen. Als Zeitpunkt wurde ein Tag um den 10. März herum erwartet. Bis Ostern (spätestens Ende März) wollte der Vatikan ein neues Oberhaupt haben. Zwei Wochen vorm Marathon vermeldete die Kommandozentrale drei mögliche Szenarien:
 
Rundschreiben aus Rom, 2. März / Rennbestätigung durch Bürgermeister Gianni Alemanno / Eventualitäten am Kampftag
1. Sollte die Inthronisation auf den Marathontag fallen, wird der Start auf den Nachmittag nicht später als 16.00 Uhr verschoben. Die Streckenführung mit Start und Ziel am Kolosseum einschließlich Petersplatz wäre die gleiche wie immer.
2. Sollte der neue Papst am Marathontag sein erstes Gebet abhalten, wird um 9.00 Uhr gestartet. Start und Ziel am Kolosseum bleiben erhalten, jedoch soll die Gegend um den Heiligen Stuhl nicht einbezogen werden.
3. Wird bis 17. März kein Pontifex ernannt, beginnt der Marathon um 9.00 Uhr am Kolosseum, die Strecke wird die traditionelle sein, mit möglichen Umleitungen rund um den Vatikanstaat.
 
In jedem Fall sollte die Entscheidung nur unter Berücksichtigung des päpstlichen Zeitplans fallen.
Im Falle eines Starts am Nachmittag war den Läufern eine Verschiebung ihrer Teilnahme auf den Rom-Marathon 2014, 2015 oder 2016 freigestellt.
 
Erklärung der Rennleitung via Netzwelt, 11. März
1. Der Start von der Via dei Fori Imperiali ist in jedem Fall bestätigt.
2. Streckenführung und Startzeit des Marathons werden nach dem Tag der Inthronisation bekanntgegeben. Dies sind die zwei offiziellen Optionen:
a) Keine Inthronisation (Konklave noch am laufen oder vorm ersten Gebet des neuen Papstes):
Marathon wird zwischen 9.15 und 9.30 Uhr starten, aus dem Kolosseum (Via dei Fori Imperiali). mit dem klassischen Kurs, ohne Petersplatz.
b) Inthronisation:
Marathon wird um 14.00 Uhr beginnen, mit einer anderen Rennstrecke. Start ist vorm Kolosseum. Eingeschlossene Optionen sind die Stadtbereiche Ostiense, Appia Antica, Ardeatina, Laurentino, EUR, Marconi, Portuense, Testaccio. Der Endpunkt ist am Kolosseum.
 
Habemus Papam, 13. März
Am 13.3. stieg weißer Rauch über dem Vatikan auf. Die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle hatten sich auf Franziskus als neuen Pontifex geeingt.
 
Erklärung der Rennleitung via Netzwelt, 14. März
Der Start am Morgen um 9.30 Uhr von der Via dei Fori Imperiali ist bestätigt.
Unsere KILOMETER vom 24. Dezember 2012 bis 17. März 2013:
 
01. Wo. (Bewegung): Vitus 117 km / Peanut 32 km
02. Wo. (Bewegung): Vitus 118 km / Peanut 67 km
03. Wo. (Bewegung): Vitus 130 km / Peanut 60 km
04. Wo. (Bewegung): Vitus 118 km / Peanut 69 km
05. Wo. (Bewegung): Vitus 100 km / Peanut 42 km
06. Wo. (Training): Vitus 140 km / Peanut 70 km
07. Wo. (Halbmarathon): V.: 1:32:30, Training: 102 km / P.: 2:02:12, T.: 43 km
08. Wo. (Training): Vitus 146 km / Peanut 64 km
09. Wo. (Halbmarathon): V.: 1:29:24, Training: 121 km / P.: 2:02:30, T.: 45 km
10. Wo. (Training): Vitus 150 km / Peanut 78 km
11. Wo. (Training): Vitus 127 km / Peanut 68 km
12. Wo. (ROM-MARATHON): V.: 3:17:23, Training: 95 km / P.: 2:12:20, T.: 62 km
Gesamt: Vitus 1464 km / Peanut 700 km
 
.:: DAS RENNEN ::.
 
19. MARATONA DI ROMA, 17 Marzo MMXIII
Freitag, 15. März
 
Kalendarisch lag der Winter zwar in den letzten Zügen. Aber final hatte Frau Holle noch mal weiße Flocken über Germania rieseln lassen. Unsere Taschen auf dem Weg zur Schnellbahn zogen wir durch eine geschlossene Schneedecke und über steinhart gefrorenen Boden. Einmal im Zug fielen die Lasten jedoch rasch ab, und durch Flug mit Alitalia waren wir den Streiks der deutschen Kraniche ebenso entkommen, wie den 1400 gestrichenen Flügen die Tage davor. Allerdings war unsere Reise von Frankfurt in einer kleinen brasilianischen Embraer E-175 über die Alpen in die Region Lazio mit einem Zwischenstopp in Mailand verbunden. Punkt 13.10 Uhr setzten wir den Fuß auf italienischen Boden. Der unumgängliche Transport im Taxi vom Küstenort Fiumicino zum Quartier „Aran Mantegna“ in der südlichen Stadtregion Tor Marancia schlug mit 45 Euro zu Buche. Nachmittags um zwei waren wir eingebucht, mit Wasser, Espresso, Kaffee und Kuchen in der Lobby unseres Hotels notversorgt, wir hatten die Gruppenleiterin von „Reisezeit“ kennengelernt, und um 16.30 Uhr standen wir vorm Marathon Village im Palazzo dei Congressi im Stadtbezirk EUR zwecks Abholung der Startunterlagen. Anders als gewohnt erfolgte die Zeitnahme beim Rom-Marathon durch einen in die Brustnummer integrierten Transponder. Ferner lief alles nach Plan, und schließlich haben wir uns auf der traditionellen Pasta-Party auch noch die Bäuche mit Kohlenhydraten aufgefüllt. Die größte Strapaze stellte heute die defekte Klimamaschine im kleinen Hotelzimmer dar. Wir wären fast vor die Hunde gegangen.
Kongreßpalast
 
Sonnabend, 16. März
 
Heute war der erste warme Tag seit einem halben Jahr. Die Sonne brannte vom Himmel wie zu einer Lichttaufe und hob die Luft auf mediterrane Werte. Unsere Betreuerin legte sich für uns derart ins Zeug, daß wir am Nachmittag in die 400 Euro teure Juniorsuite im sechsten Stock umziehen durften. Ab sofort durften wir in einem Appartement mit Panoramafenster und riesiger Dachterrasse mit Blick über Tor Marancia residieren, Rom atmen, hören und riechen! Die letzte ordentliche Mahlzeit vorm Marathon nahmen wir in der Pizzeria „Trecastelli“ quer über die Andrea Mantegna ein: Pasta Pomodore mit Pollo (Hähnchenschnitzel). Der dortige Chef war selbst Marathonläufer und hatte aus Gram über die orkanbedingte Absage des New-York-Marathons 2012 seine Karriere beendet. Mit einer Warnung vor dem derben „Sampietrini“ (Kopfsteinpflaster) auf der Strecke und römischer Nachtluft in den Lungen, sind wir um elf in unser Bett de luxe gegangen.
Romulus, Remus und die säugende Wölfin
 
Sonntag, 17. März
 
GÖTTERDAMMERUNG! MARATONA DI ROMA! Die Nacht war tranquilo. Vier Uhr - 5 ½ Stunden vorm Start - war Wecken. Um sechs hätte allerdings dicke gereicht. Aber wir wollten mit Reisezeit zum Start fahren. Und dann sollte der Weg nicht so leicht werden wie uns versprochen wurde. Der für 6 Uhr vereinbarte Aufbruch verschob sich zugunsten der Verdauung um eine halbe Stunde. Na ja. Peanut und ich hatten auf der Suite Brötchen mit Eukalyptushonig und Bananen gegessen, und dort alle Ruhe der Welt gehabt. Um 6.30 Uhr brach unser Dutzend geschlossen zum Bus 716 auf. Auf gut Glück. Denn Roms Linienbusse kennen keine Zeiten. Im Normalfall kommt alle Viertelstunde einer, dazu muß man ein Winkzeichen geben. Um sieben hielt tatsächlich einer an, und gegen 7.30 waren wir im Autobus über das Pflaster des römischen Ostens zur Piazza Venezia geruckelt. Als Fremde hatten wir unser Schicksal in die Hände der erkälteten Betreuerin gelegt - die uns vom Kapitolshügel vorbei an Forum Romanum und Palatinhügel und auf voller Länge am Circus Maximus, dem Schauplatz der Wagenrennen im alten Rom, vorbei eskortierte. Rom rieb sich noch den Schlaf aus den Augen, als wir nach einem Marsch von drei Kilometern in der Umkleidezone eintrafen. Welch ein Marathonmorgen hätte das in einer Droschke zu 13 Euro werden können... Zum Glück fiel weder Regen noch Schnee. Denn die Rennkleidung streifte man sich mitten auf der Via di San Gregorio oder sonstwo in der Botanik über. Wir selber hatten einen Mauersims unterm Caeliushügel erbeutet, und damit vorm Marathon bereits drei der sieben Gründungshügel Roms erlebt... Nach Irrungen und Wirrungen um den Weg zum Start - manche zeigten in Richtung Circus Maximus, andere zum Kolosseum - hatten wir zwanzig Minuten vorm Peng unsere Rucksäcke an den Lastern abgegeben, und vorbei am Konstantinbogen (Bikila 1960...) letztlich ohne Schwierigkeiten die Areale B und C auf der Via dei Fori Imperiali geentert.
 
Bei anfangs Sonne, später Wolken und einer ziemlich frischen Brise, hatten sich über 14
 000 Professionelle und Amateure versammelt: 8000 aus Italien, rund 6000 aus dem Ausland. Dazu kamen rund 45 000, die sich sofort nach dem Marathonstart auf die fünf Kilometer des Volkslaufs „La Stracittadina“ machten: Freunde, Familie, Hunde mit Lätzchen, Menschen in Verkleidung, Leute mit allen möglichen Hintergründen aus der ganzen Welt. Alles verschmolz auf Mussolinis ehemaliger Aufmarschstraße zu etwas, das viel größer war als jeder Einzelne. Ein Sprecher tauchte die Masse in ein festliches Fluidum, und kurz vor Beginn des Kampfes setzte Jubel ein. Der frühere Formel-1-Rennfahrer Alex Zanardi wurde vorgestellt, und machte sich gleich darauf mit den Handvelofahrern als Erster auf die Runde durch Rom. Danach formierten sich die Gottbegnadeten aus Äthiopien und Kenia auf der Startlinie. Der pünktliche Beginn war wegen der Papstkrönung um eine halbe Stunde - auf 9.30 Uhr - verschoben worden.
Kolosseum
 
Kilometer 0 bis 10: Alter Atem
 
In der zehnten Stunde fiel der Böller zum START. Unter einem Raunen entschwand das Läuferheer aus dem Schatten des Kolosseums und strömte über die Via dei Fori Imperiali hinab zur Piazza Venezia. Links blieben die Steine des Forum Romanum zurück, rechts die Kaiserforen und Kuppeln zahlloser Sakralbauten. Flankiert war der Weg von hohen Pinien und Skulpturen mit römischem Gruß. Rasch hatte hatte sich das Feld über die gesamte Länge der Fori Imperiali gezogen. Während die Spitze bereits die weiß strahlende Ruhmeshalle Vittoriano erreichte, standen viele noch in den Startlöchern am Kolosseum. Ungewöhnlich schnell liefen auch die drei vordersten Tempomacher für eine Endzeit unter 3:00 Stunden. „Gli Angeli dei Maratoneti“ (Die Engel der Marathonläufer) wurden sie in Rom genannt. Die ersten vier Kilometer über das Pflaster unterm Kapitolhügel und vorbei an der Cestius-Pyramide waren trotz Gegenwind jeweils in fuchsteufelswilden 4:07 Minuten zurückgelegt. Nach fünf Kilometern betrug der Vorsprung auf die Tempotabelle für das Ziel 2:59 Stunden fast eine Minute, und nach zehn Kilometern war es immer noch eine halbe Minute. Doch von meiner früheren Form war ich so weit weg wie Dorando Pietri von einer Auferstehung. Ich atmete schwer, und als die Strecke nach sieben Kilometern vom östlichen aufs westliche Tiberufer wechselte, waren die Oberschenkel blau. Bei der zweiten Flußquerung (Kilometer 10) ließ ich die Engel ziehen. Vom Kolosseum kam man über mürbe Straßen nach Ostiense und die Basilika San Paolo ganz im Süden. Hier knickte der Weg nach Norden, um nach dem Eisenbahntunnel von Trastevere die Ponte Testaccio zu erreichen.
 
Kilometer 11 bis 20:
Eine Kerbe voller Wasser
 
Nach elf Kilometern bogen die Läufer unterhalb des Testacciohügels auf die östliche Ufermauer des Tiber ein. Hier lief der Weg über glatten Asphalt unter mediterrannen Schirmkiefern vier Kilometer hoch über dem Wasser entlang nach Norden. Dabei wurden neben der Tiber-Insel nicht weniger als zehn Brücken passiert. Als Elfte führte die Ponte Regina Margherita schließlich wieder auf die westliche Seite des Tiber. Die Engel mit den Richtballons zogen Meter um Meter davon. Mit einer Minute Abstand erreichte ich im Marsfeld die 15-Kilometer-Kontrolle in 1:04 Stunde. Wäre ich ein Rennpferd, wäre ich spätestens hier erschossen worden. Ich gab den Kampf endgültig auf. Unterhalb der Engelsburg und mit einigem Abstand zu den Mauern des Vatikan ging es vorbei am Bushalteplatz Clodio auf die Halbmarathon-Marke zu. Die Läufer scheuten den Wallfahrtsort des Christentums heute wie Teufel das Weihwasser, doch abertausende Anfleher von „Papa Francesco“ säumten ihren Weg durch Rom.
 
Kilometer 21 bis 30:
Wir schenken Euch unsere Jugend
 
Ausgangs der Via Achille Papa war die halbe Strecke geschafft. Mit 1:33 Stunden und einer schnellen zweiten Hälfte lag eine Zeit um 2:59 Stunden immer noch in Reichweite. Doch der Rückstand auf die einst gelaufenen Zeiten wuchs schnell an. Ich beschloß, den Rest im Zuckeltrab zu genießen. Dabei merkte ich, wie kalt es eigentlich war. Ich war für einen Wettkampf bekleidet: kurze Hose und dünnes Trikot. Doch der Wind kannte kein Erbarmen. Ich begann zu frieren. Dafür blitzte nach 23 Kilometern das Foro Italico (früher: Foro Mussolini) auf. Ein grüner Pinienhügel mit Namen Monte Mario, ein hoch aufragender Monolith aus weißem Marmor, ein Hain aus Quadern, Skulpturen und Böden aus purem Marmor, das riesige Olympiastadion, das Stadio dei Marmi, links und rechts rote Hallen mit den fünf verschlungenen Ringen. Einzigartig. Unfassbar. Über die pylonengeschmückte Ponte Duca d´Aosta wurde vor Kilometer 24 zum vierten und letzten Mal das Wasser überschritten. Licht, Luft und Natur prägten den nachfolgenden Norden, und mit dem Olympiagelände von 1960 und der Acqua Acetosa und war der abgeschiedenste Fleck erreicht. Drei Kilometer trieb ich neben dem Feld her. Mal schleppte der eine mich durch, mal ein anderer. Gelegenheit auch für einen zweiten Abstecher in die Büsche... bevor der Weg erneut zum Tiber führte.
 
Kilometer 31 bis 40:
Kampf im Marsfeld
 
Der letzte Akt wurde durch die Uferstraße Lungotevere Flaminio eingeläutet, und ab dem Marsfeld ging es Schlag auf Schlag mit den Sehenswürdigkeiten. Ab der Piazza Navona waren die Bordsteine von einem endosen Menschenspalier in Doppelreihe gesäumt. „Vaiiiiii!“-Zurufe erfüllten die Luft. Läuft´s schlecht, erdrückt das einen. Läuft´s gut, ist´s ein phantastisches Gefühl. Der Hexenkessel brachte mich wieder ins Rennen. Nach 35 Kilometer fühlte ich mich plötzlich frisch und unverbraucht und von vorn tauchten bereits weit Enteilte wieder auf. Manche blieben in einem Schächeanfall stehen. Und mit dem Feldstecher konnte ich ausgangs der Via del Corso sogar die 3:15-Engel sehen. Welch ein Ziel... Der 35. bis 40. Kilometer war in 23 Minuten zurückgelegt. Dabei registrierte ich den zweiten Vorbeilauf unterm Vittoriano ebenso wenig wie den tosenden Trevi-Brunnen, die Spanische Treppe und all die andere hingezauberte Schönheit. Erst mit dem Pflaster der Via dei Cerchi war der Rausch vorbei. Am Morgen hatten wir uns längs zum übererdeden Circus Maximus mit Rucksack auf dem Kreuz zum Start geschleppt. Fünf Stunden später hatte ich auf den letzten sieben Kilometern des Marathons 176 Männer niedergemacht und mich von der 981. noch auf die 805. Stelle vorgeschoben.
 
Kilometer 41 bis 42,195:
Via Triumphalis
 
Mit dem Schwenk auf die San Gregorio tauchte am Horizont das Kolosseum auf. Das Ziel war nicht mehr fern, aber die ersten und die letzten Kilometer bestanden aus Steinen, auf denen schon Gladiatoren und Legionäre unterwegs waren. Dazu war auf dem letzten Kilometer der schwierigste Anstieg auf der gesamten Runde zu überwinden. Nur zehn Meter Höhenunterschied - aber nach 42 Kilometern und über antikes Kopfsteinpflaster! Die letzten zweihundert Meter legte ich in glänzender Verfassung zurück, so als wäre ich nur eine Stadionrunde gelaufen. Kein Schmerz, nichts! Doch die Zeiten als ich serienweise unter drei Stunden lief, sind Geschichte. Ich muß mir eine eigene, neue Welt ausdenken! Während im ZIEL unermüdlich Verdis „Triumphmarsch“ durch den Äther gejagt wurde, vernahm ich irgendwann auch meinen Namen: Marathona Peanut hatte in der zweiten Mittagsstunde die Linie passiert. Meine Freundin war zwar rucki, zucki in ihren Block gekommen, aber dann lief mit dem Startschuß alles zusammen, und die geballte Legion von über 14
 000 Läufern wollte nicht recht auf Touren kommen. Rom war der erste Marathon, bei dem Peanut die Startlinie nicht im fliegenden Start, sondern trippelnd überquerte. Der zähe Auftakt sollte sich bis ganz in den Süden ziehen. Dazu haderte sie etwas mit den Staus an den nur einseitig aufgebauten Buffets. Trotzdem hatte ihr der Lauf durch Rom richtig Spaß gemacht. Etliche Deutsche hatten sie auf ihr Trikot von Spiridon Frankfurt angeredet. Während meine Welt zerbrach, war Peanut im Strom der Läufer erneut regelrecht aufgeblüht und kam im Frieden mit sich ins Ziel. Der 612. Rang unter den Frauen war großartig!
 
Ununterbrochen vorne weg marschiert waren die Söhne Abebes. Zum Sonnengott von Rom stieg Negari Terfa auf. Zehn Wochen zuvor hatte der 30jährige Äthiopier den Xiamen-Marathon gewonnen, danach zwei Wochen geruht, und mit dem Wiedereinstieg ins Training Verlangen nach einem weiteren Frühlingsmarathon entwickelt. Terfas 2:07:56 Stunden war die zweitbeste je in Rom gelaufene Zeit. Zweiter wurde Terfas Landsmann Birhanu, Dritter der Kenianer Chemlany. Erst auf dem 26. Platz der Gesamtwertung folgte ein Vertreter Italiens. Um die Deutschen brauchte man sich gar keine Gedanken machen. Bemerkenswertes leisteten die Frauen. Unter den ersten 27 absolut fanden sich nicht weniger als neun der kleinen und leichten Amazonen Ostafrikas wieder! Schnellste war die 36 Jahre alte Helena Kirop aus Kenia in 2:24:40 Stunden, gefolgt von einer Äthiopierin und einer Türkin mit äthiopischer Herkunft. Neue Streckenrekorde wurden heute vom frischen Wind verweht. Der erste Mann und die erste Frau strichen jeweils 40
 000 Euro Preisgeld ein. Terfa unterstützt damit die eigene Familie im Heimatland, Kirop ihre Stiftung für arme Mädchen in Pokot-Kenia.
 
Das Kostbarste am Marathon waren die Medaillen aus schwerem Messing. In Roms Kunstakademien war ein Wettstreit veranstaltet worden, und die in unserem Land schon verblassten italienischen Olympiateilnehmer Gelindo Bordin und Stefano Baldini saßen in der Jury. Die Wahl fiel auf einen Entwurf mit hohem symbolischen Wert: ein Mann und eine Frau laufen zusammen über römisches Pflaster. Ein Torbogen und ein Olivenzweig im Hintergrund weisen auf die Geschichte Roms hin. Auf der Rückseite prangten das Wappen von Rom und der Schriftzug IL MIO CAPOLAVORO (Mein Meisterstück). In einem Zelt an den Kaiserforen konnte man sich Name und Zeit eingravieren lassen.
 
Per Droschke kamen wir zurück ins Hotel, wo ich mich erst mal hinhauen mußte. Spät am Nachmittag haben wir das erste Bier geköpft und im italienischen Fernsehen das Ende von Milano-Sanremo geguckt. Die angepeilte Schlußfeier mit der Reisezeit im „Lo Stregone“ (Der Hexer) haben wir verworfen. Eine glückliche Entscheidung, denn die Fahrt dorthin sollte sage und schreibe zwei Stunden dauern. Die Läufer bekamen ihr gemeinsames Essen halb zehn abends... Peanut und ich sind unterdessen gemütlich über die Straße ins Trecastelli geschlendert, haben dort Pizza vertilgt, Bier getrunken und auf dem Heimweg in der Hotelbar noch zwei Kelche Rotwein und Weizen aus Bayern geleert. Letzte gingen aufs Haus.
Konstantinbogen und Palatin
 
FAZIT
 
Ave Maratoneta! Suchst du Schönheit und Anmut? Kultur und Geschichte? Leidenschaft und Dekadenz? Und eine flinke Strecke dazu? Auf nach Rom! An der Organisation gab´s nichts zu tadeln. Vom Marathondorf über den Start bis zum Ziel lief alles absolut reibungslos. Für das Mittelfeld ging der Auftakt etwas schwerer, aber ein Blockstart wird nächstes Mal alles entzerren. Unterwegs gab´s alle fünf Kilometer Gatorade, und nach der Hälfte zusätzlich Bananen und Apfelsinenstücke. Großuhren garantierten die zeitliche Orientierung. Die Versorgung im Ziel mit Goldfolie, Früchten, Gebäck und Tee war spartanisch aber in Ordnung. Unbedingt hervorzuheben sind zwei materielle Erinnerungen. Erstens wurde jeder Teilnehmer mit einem geräumigen Rucksack ausgestattet. Zweitens warteten im Ziel die ansprechendsten Marathonmedaillen der Welt! Und: Rom verzichtete auf Rahmenwettbewerbe und setzte auf einen reinen Marathon! Wegen dem Papst mußte die Strecke in einem Bereich von drei Kilometern rund um den Christenthron (zwischen Kilometer 18 und 20) kurzerhand geändert werden. Selbst diese Umleitung konnte die Ordnung nicht stören. Die Sicherung war vorbildlich und das Fehlen einer gestrichelten Ideallinie fiel nicht weiter ins Gewicht. Das schwierigste Unterfangen stellten die fünf gepflasterten Kilometer in der Altstadt dar. Rom ist jedoch eben und durchaus schnell zu laufen! Dabei hilft auch die besondere Atmosphäre. Das Publikum war phantastisch, herzlich und trotz Papst und erstmals sonntags ausgetragenem Mailand-Sanremo zu Hunderttausenden an die Strecke gepilgert. Die herrlichen, auf Schritt und Tritt vor Aura strotzenden Straßen, Plätze und Bauten ergaben mit den leidenschaftlichen Zuschauern einen einzigartigen, funkensprühenden Rahmen. Wirkung: Veni. Vidi. Vici. Gleich beim ersten Mal Feuer gefangen. Nichts übt die Faszination von Rom aus! Für die Materialinteressierten noch diese Offenbarung: Marathona P. lief mit Asics Gel-3010, Vitus mit Adidas adiZero Boston (Baujahr 2010 und 2009 und mit zig Marathonkilometern hinter sich).
Palast der italienischen Zivilisation
 
KULTUR
 
Montag, 18. März
 
Der Morgen begann mit einer dicken Überraschung. An unserer Tür baumelten zwei Zertifikate anläßlich des Rom-Marathons mit Gratulation, Dank und Praline von Reisezeit Tourismus und Laufzeit Verlag. Weitere Schmeichelein fanden sich auf der Tafel in der Hotelhalle. - Wie kann man die Ewige Stadt in 2 ½ Tagen erleben? Jedweder Versuch war zum Scheitern verurteilt! Aus Verzweiflung hatten wir die letzten Tage brüderlich geteilt. P. durfte den Montag bestimmen und sich fürs Altertum entschieden. Zum Einstieg sind wir an die Piazza Venezia gefahren, und dort zuallererst über Michelangelos Rampentreppe auf den Kapitolshügel hinaufgestiegen. Von den Kapitolinischen Museum und dem Senatorenpalast sind wir rüber ins Vittoriano samt seinem an die Valhalla erinnernden Innenleben. Zwei Soldaten und grünweißrote Trikolores behüteten das Nationaldenkmal rund um die Uhr. Über die Paradestraße Fori Imperiali und vorbei am Trümmerfeld Forum Romanum kamen wir zum Konstantinbogen und zum Kolosseum. Auf der anderen Straßenseite bot sich ein „Café“, in dem schon Radlegende Alfredo Binda saß, zur Einkehr an. Nach einem feudalen Salat und einem Riesenhumpen Bier Auge in Auge mit der blutdurchtränkten Antike (inklusive Rechnung über fünfzig Euro) ging´s in der Dunkelheit per Droschke zur Piazza di Spagna mit der bezaubernden Spanischen Treppe. Von dort sind wir durch die Via Propaganda und andere uralte Gassen zum Trevi-Brunnen am Fuße des Quirinalhügels gelaufen - wo wir eine Münze rücklings über die rechte Schulter ins Wasser warfen. Damit war unsere Rückkehr nach Rom sicher!
 
Dienstag, 19. März
 
Erneut begann der Tag mit einem Kuß auf Papier. Auf unserer Türschwelle lag ein Umschlag voller Bewunderungen für unsere Leistungen. Und eine Einladung: Wir sollten am nächsten Morgen in Wettkampfkleidung (Startnummer, Kappe, Brille und Medaille) zu einem Interview kommen... Der heutige Tag war dem Neuen Rom gewidmet, das in seiner Ästhetik an Berlin (Sportfeld) und Nürnberg (Parteitagsgelände) erinnert. Der Expressbus 30 hatte uns in vierzig Minuten von Tor Marancia quer durch die Zweimillionenstadt in den Nordwesten zum Foro Italico gebracht. Im einstigen - für Olympia 1940 geplanten - Foro Mussolini, hätte man den ganzen Tag verbringen können. Außer uns und einigen Tennisspielern war in dem Sportgelände niemand unterwegs. Wir hatten alle Ruhe der Welt für erquickende Betrachtungen. Von der Tennisanlage mit ihren marmornen Athletenskulpturen führte unser Weg zum Olympiastadion (Austragungsort der XVII. Olympiade, Weltmeisterarena für Deutschland 1990 und Heimstätte von Lazio und AS Rom). Wir sind über Böden aus purem Marmor zum Mussolini-Obelisk spaziert. Rutenbündel, geheimnisvolle Mosaike und die Majuskeln MVSSOLINI und DVCE waren allgegenwärtig. Und wir waren im Akademiepalast. Auf dem Heimweg haben wir dem Allgöttertempel Pantheon gehuldigt. Eine Horde händefaltender Christen verwehrte den Eintritt, doch eine Pforte erlaubte Blicke ins Innere und auf das berühmte offene Auge im Kuppeldach. Nach Sonnenuntergang folgten Andenkenkauf und Dolce Vita im Trecastelli.
 
Mittwoch, 20. März
 
Der Abreisetag startete mit einem Interview für die Laufzeit. Nie zuvor hatte sich jemand so rührend um uns gekümmert! Voraussichtlich in der Juniausgabe wird der Artikel über den Rom-Marathon 2013 erscheinen. Im Anschluß wurden wir Mr. Badetti, dem Direktor des Aran Mantegna präsentiert, „für den es de facto eine Ehre war, daß wir Beide in seinem Hotel wohnten und eine Suite auskosten durften. Es war am Ende eine Fügung, die wir verdient hatten.“ Beide Termine wurden in Bildern verewigt. - Danach blieb Zeit für einen Rundgang durch die Esposizione Universale di Roma (EUR). Vom Duce für die Weltausstellung 1942 geplant, sollte die von viel Grün und Seen umgebene Gemeinde E 42 der Prototyp einer faschistischen Idealstadt sein, und Rom im Süden näher ans Meer bringen. EUR erstrahlte in schlichtem Weiß und wirkte auch nach siebzig Jahren noch höchst visionär. Den Kongreßpalast hatten wir am ersten Tag im Schmucke des Marathondorfs erlebt. Heute waren wir im Nationalmuseum für Kunst und Tradition und am monumentalen Quaderbau Palazzo della Civiltà Romana, auch „Colosseo quadrato“ genannt. Am Nachmittag flog unsere Alitalia von Fiumicino zurück nach Frankfurt. Dort standen wir mit einem antiken Gladiatorenhelm am Zoll und hätten fast den Flieger verpaßt. Der Helm und ene Schere im Handgepäck wurden als „dangerous“ erklärt. Die Schere landete in einem Mülleimer, der Helm mußte als separates Gepäckstück befördert werden. Nach Blechen von 55 Euro, nochmaliger Gepäckaufgabe und Durchleuchtung in den Sicherheitsschleusen, waren wir in letzter Sekunde zum Aufruf erschienen. Kurzfristig hatte sich auch noch der Flugsteig geändert. Wir hatten Glück, daß sich der Abflug wegen einer technischen Panne im Airbus um eine halbe Stunde verzögerte. Laut Pilot war eine „Malfunction in system“ die Ursache. Nach zwei äußerst flauen Stunden über den Wolken endete unsere Reise nach Rom in der siebenten Abendstunde. Maximus´ Helm kam heil in der winterlichen Wetterau an.
 
Widmung
Den Marathon schenke ich meiner Mutter als Dank für eine umwerfende Unterstützung!
 
Salve, oh Roma!
Marathona Peanut
Christel Schemel
Arrivederci MMXIV!
 
 

Vitus, 31. März MMXIII
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.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: Sonne und Wolken, 10ºC, mäßiger bis frischer Südostwind
Zuschauer: ca. 500
 000 (geschätzt)
 
Gemeldet:
14
 183 (M: 11 871 / W: 2312, Italiener: 8016 / Ausländer: 6176, Nationen: 82)
Im Ziel:
10
 665 (M: 8735 / W: 1930)
 
Männer
1. Getachew Negari Terfa (Äthiopien) 2:07:56
2. Girmay Gebru Birhanu (Äthiopien) 2:08:11
3. Stephen Chemlany (Kenia) 2:08:30
4. Haile Haja Gemeda (Äthiopien) 2:08:35
5. Luka Lokobe Kanda (Kenia) 2:08:50
6. Samson K. Barmao (Kenia) 2:09:47
 
Frauen
1. Helena Loshanyang Kirop (Kenia) 2:24:40
2. Kassa Getnet Selomie (Äthiopien) 2:25:15
3. Sultan Haydar (Türkei) 2:27:10
4. Ash Rabo Kasim (Äthiopien) 2:30:10
5. Kifle Alem Fikre (Äthiopien) 2:30:13
6. Hellen Mugo (Kenia) 2:32:12
 
Vitus (Spiridon Frankfurt)
Startnummer:
852
Nation: Deutschland
Zeit: 3:17:23
Platz: 805 von 8735 bei den Männern
Platz: 80 in Klasse M50
Platz: 835 von 10
 665 Gesamt
Zwischenzeiten
05 km: 0:20:38
10 km: 0:41:48
15 km: 1:04:38
21,1 km: 1:33:42
25 km: 1:55:57
30 km: 2:18:12
35 km: 2:43:19
40 km: 3:06:39
 
Peanut (Spiridon Frankfurt)
Startnummer:
F1094
Nation: Deutschland
Zeit:
4:12:10
Platz: 612 von 1930 bei den Frauen
Platz: 58 in Klasse W50
Platz: 5876 von 10
 665 Gesamt
Zwischenzeiten
05 km: 0:27:55
10 km: 0:55:54
15 km: 1:24:02
21,1 km: 1:59:35
25 km: 2:22:36
30 km: 2:52:30
35 km: 3:24:41
40 km: 3:57:57
 
Ergebnisse

Rom-Marathon