88. RUND UM DIE LANDESKRONE
DEUTSCHE MEISTERSCHAFT MASTERS EINER STRAßE
LANDESMEISTERSCHAFT SACHSEN EINER STRAßE
Görlitz, 29. Juni 2025
STRECKE ¤ VORBEREITUNG ¤ RENNEN ¤ STATISTIK
Prolog
 
Zum wiederholten Male kämpften am letzten Sonntag im Juni die Masters im Straßenradsport in Görlitz um ihre deutschen Titel. Insgesamt 257 Rennfahrer trafen sich bei der 88. Austragung des 1920 gegründeten Radklassikers Rund um die Landeskrone. Derweil es für die Sachsen nach den anullierten Landesmeisterschaften bei Rund um den Windpark Klettwitz diesmal wirklich (!) um den Titel des Sächsischen Straßenmeisters 2025 ging. Die Sonne schien, weiße Wölkchen schwebten am Himmel, Fahnen flatterten im Wind, sommerlich gekleidete Menschen säumten die Bordsteine, das Deutschlandlied erklang: Alles schien für einen herrlichen Tag gerichtet. Für mich selbst war es der erste Sonntag nach einem Wochenende zwischen Tragik in Fremdiswalde und Triumph in Dresden.
 
.:: DIE STRECKE ::.
Am östlichen Rand Deutschlands erwartet die Fahrer ein knackiges Gelände mit wenig Atempausen. Kurze, giftige Rampen - allen voran die steilen Anstiege bei Friedersdorf und am Schlaurother Berg - prägen den Tag und sprengen das Feld. Kräftezehrend und zermürbend sind die vielen windausgesetzten, welligen Abschnitte durch kleine Waldstücke und über offenes Ackerland. Allein zu sein ist da tödlich. Das Rennen startet zwischen der Endstation „Landeskrone“ und dem Hotel „Burghof“, einer alten Villa im Süden der Neißestadt. Umringt von den Hügeln der Oberlausitz durchquert der Kurs anschließend als asphaltierte 17,5-Kilometer-Runde die Dörfer Kunnerwitz, Jauernick, Friedersdorf, Pfaffendorf und Schlauroth. Die Zielgerade Promenadenstraße ist achthundert Meter lang, leicht ansteigend und acht Meter breit, und bietet damit genug Platz für ein spannendes Finish am Fuße der Landeskrone. Der Gesamtanstieg pro Runde beträgt 243 Meter. Damit ging es im Rennen der Masters 4 siebenhundert Meter in die Höhe verteilt auf 52 Kilometer. Zu kurz für ein klassisches Straßenrennen, in dem es um Stehvermögen geht. Doch ein gefundenes Fressen für Puncheure, Fahrer mit der Kraft, giftige Hügel aggressiv zu drücken.
 
.:: DIE VORBEREITUNG ::.
Bis zu den Meisterschaften fuhr ich in diesem Jahr knapp 9800 Kilometer und zwölf Lizenzrennen. Mit vier Podiumsplätzen fiel die Bilanz unerwartet freundlich aus. Demgegenüber stand der Ausfall des Bahntrainings und der Mittwochsrennen des DSC-Cups auf der Radrennbahn Heidenau: Jene wurde saniert. Zwei BDO-Cups auf der 400 Meter langen Alfred-Rosch-Kampfbahn in Leipzig waren kein Ersatz.
 
Als Trainingsbeispiel die vorletzte Woche vor Görlitz vom 16. bis 22. Juni:
 
Mo.: 86 km Straßentraining im Osterzgebirge mit 1100 Höhenmetern
Di.: 63 km GA2 mit dem Mountainbike
Mi.: 100 km Straßentraining im Osterzgebirge mit 1400 Höhenmetern
Do.: 76 km Straßentraining im Osterzgebirge mit 1000 Höhenmetern
Fr.: 33 km mit dem Mountainbike an der Elbe
Sa.: 4. Platz beim Rundstreckenrennen Rund um Fremdiswalde (63 km + 27 km)
So.: 3. Platz beim Kriterium Ostra Crit in Dresden (40 km + 21 km)
 
.:: DAS RENNEN ::.
Nach einer drrückend schwrülen Nacht klingelte um vier der Wecker. Zum Frühstück stand Hafer auf dem Speiseplan. Kurz nach sechs transportierte Peanut mich im alten Opel von Dresden quer durch Ostsachsen ins Grenzland nach Görlitz, wo ich all den Kalibern begegnete, die ich so sehr hasse und liebe. Während der direkt neben uns parkende Moerser Trautmann als Führender der Mastersrangliste über den Trainingsunfall Ron Paffens sprach (der fliegende Holländer stürzte über einen Zweig und brach sich den Halswirbel), und an den Todessturz Van der Wielens erinnerte (hier barg er dessen Rad), schockte Schößler mit einem Bericht von seinem Unfall auf der Autobahn samt leichtem Schleudertrauma. Während Kölns Vorbeck nichts von mir wissen wollte, und Dauerrivale Großegger von jemandem zum „Geheimfavorit“ gemacht wurde. Der fränkische Kannibale Laskowsky hatte die letzten Tage im Camper in Sebnitz verbracht und nur in der Wochenmitte etwas trainiert. Und die Ex-Meister Keller und Kiefl sprachen sich zu einer gemeinsamen Attacke ab. Untderdessen der Allgäuer Gericke das Deutschlandtrikot lautmalerisch wieder „in den Süden“ holen wollte... Das besondere Prickeln des Rennens lag natürlich in seiner Besonderheit als nationale Meisterschaft. Als Erste starteten um 9 Uhr 30 die Masters 3. Mit vier Minuten Abstand folgten die Masters 4. Von 49 Gemeldeten standen 43 unterm Banner auf der Promenadenstraße. Ein Lautsprecher sagte die letzte Minute vorm START an, daß das Kommando als „Schuß“ fallen würde. Und dann war die bange, stumme Minute abgetickt...
In sengender Hitze kämpften die Methusalems also um das weiße Trikot mit dem schwarz-rot-gelben Brustring. Und dies nicht etwa bei anfänglichem Bummeltempo oder einem Ausscheidungsfahren in der letzten Runde, sondern mit Schmackes vom ersten Meter an. In Görlitz wollte ich natürlich an meinen dritten Platz beim Ostra Crit anknüpfen. Aber daraus wurde nichts. Obwohl es in der Anfangsphase bis Ende der ersten Runde trotz Laktat am Anschlag in den Anstiegen noch ganz gut aussah. Bis mich nach 23 Kilometern am ersten kleinen Biest (drei waren es pro Runde) plötzlich und vollständig die Kräfte verließen. Die Beine konnten nicht mehr. Mein Aero-Rennrad wog acht Kilo, mit Trinkflaschen waren es neun! Damit kommt man keine Anstiege hoch, schon garnicht siebenhundert Höhenmeter in einem Hammerfeld. Jeder war hier in Topform, gab sein Bestes, wollte irgendwie ein Ergebnis einfahren. Doch ich hatte keine Wahl, und hätte um ein Haar wie Großegger nach der ersten Runde aufgegeben. Wäre nicht der ebenfalls versprengte Rommelfanger gewesen, der mich mit einem „Wie geht´s? Wir schaffen das!“ anspornte. Im Windschatten des kleinen, drahtigen Westerwälders konnte ich durchpusten, kam zu neuen Kräften, und hängte ausgangs Runde zwei sogar unser zur Rennhälfte aufgefahrenes Sextett ab. Folgen konnte oder wollte niemand. Eingangs der Schlußrunde feuerte Mannschaftskamerad Kunath mich mit einem lauten Ruf vom Streckenrand an, und ich ging solo auf die Verfolgung eines vor mir kurbelnden Trios. Zehn Kilometer vor Ende war ich wieder in Angriffslaune und knallte mit allem was ich hatte aus der Verfolgergruppe raus. Nach der Aufgabe Großeggers und dem Sturz Kiefls ausgangs Runde zwei, schienen aus Sachsen nur Keller und Matzel vorn zu liegen. Fuhr ich sogar ums Podium? Nein, dies stand zweieinhalb Minuten vorher fest. Das Weiße Trikot durfte sich der mehrmalige deutsche Meister Ralf Keller überstreifen. Der Grimmaer monierte nach dem gewonnenen Showdown einer achtzehnköpfigen Spitzengruppe, daß das Rennen mit 52 Kilometern für eine Straßenmeisterschaft zu kurz sei. Mit dem Schweriner Boriczka folgte an zweiter Stelle eher ein „Dark Horse“. Derweil der ausgangs Runde eins direkt vor mir gestürzte Lastowsky mit blutigem Ellbogen Bronze ergatterte. Der Aufruf zur Ehrung der Sachsen - „Keller, Matzel, Pregel“ - bedeutete eine Riesenenttäuschung. Zumal mein Teamkollege „Doc“ Rübling im ZIEL äußerte, daß ich „Pregel bestimmt weggemacht hätte, jener aber regelmäßig die Mittwochsrennen auf der Leipziger Bahn fährt“. Der 4. Platz in der Landesmeisterschaft ließ mich vollständig ins schwarze Loch fallen. Damit hatte ich mir binnen acht Tagen meine zweite Holzmedaille abgeholt! Kontrolleure der NADA waren nicht vor Ort!
Finale
 
Die Organisatoren verzeichneten 257 Starter, rund 1500 Zuschauer und einen schweren Unfall, bei dem ein Fahrer allein stürzte. Der Mann wurde auf der Bahre mit einem Sankra ins Krankenhaus gebracht. Es zitterten die morschen Knochen und heiß brannte die Wut in mir. Ein weiteres Rennen wurde für mich durch unterlegenes Material zerstört. Eine sichere Bronzemedaille war vertan, und - was noch schlimmer ist - ein sportlich wertvoller Podiumsplatz in einer Landesmeisterschaft vergeben. Mit Peanut und dem Phantom Robert Benedix, zwei der WICHTIGSTEN MENSCHEN meines Lebens, saß ich zu vorgerückter Stunde noch lange im Brauhaus Watzke in Dresden-Pieschen bei Quarkkeulchen und Bier zusammen. So endet es also...
 
 
Vitus, 4. Juli 2025, Bilder: Peanut, Eulle Meule
 
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 28ºC, schwache Brise aus Nordwest (11 km/h)
 
Typ: Straßenrennen
Länge: 52 km
 
Meldungen: 257
Masters 2: 82, Masters 3: 61, Masters 4: 49, Jedermann U40: 33, Jedermann Ü40: 8, Jedermann Ü50: 9, Jedermann Ü60: 8, Jedermann Frauen: 7
 
Im Ziel: 214
Masters 2: 32, Masters 3: 50, Masters 4: 38, Jedermann U40: 37, Jedermann Ü40: 24, Jedermann Ü50: 22, Jedermann Frauen: 11
 
Deutsche Meisterschaft Masters 4 (52 km)
Meldungen:
49
Am Start: 43
Im Ziel: 38
1. Ralf Keller (RSG Muldental Grimma) 1:25:19
2. Jens Boriczka (Rund um den Pfaffenteich Schwerin)
3. Matthias Lastowsky (RC Herpersdorf 1919)
4. Bernd Schmelz (TSV Ippinghausen) + 0:01
5. Jens Matzel (RFC Markkleeberg)
6. Volker Ernst (RSC Rheinbach)
24. Mario Voland (Dresdner SC 1898) + 2:38
 
Landesmeisterschaft Sachsen Masters 4
1. Ralf Keller (RSG Muldental Grimma) 1:25:19
2. Jens Matzel (RFC Markkleeberg) + 0:01
3. Holger Pregel (1. RV Leipzig 1990) + 0:06
4. Mario Voland (Dresdner SC 1898) + 2:38
5. Roland Wenz (RSV Hainichen) + 4:40
6. Uwe Rübling (Dresdner SC 1898) + 10:48
 
Ergebnisse

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