6. FELSENLAND-KRITERIUM
Dahn, 16. Juni 2024
Prolog
 
Mit Blick in die Ergebnisse hatte ich mich vor einem Jahr über ein verpasstes Treppchen in Dahn geärgert. So mager war die Teilnahme, so unbekannt die Beteiligten. Doch zu der Zeit befand ich mich im sechshundert Kilometer entfernten Dresden... Diesjahr kehrten sich die Vorzeichen um: Nicht nur, aber ganz besonders für Dahn und Linkenheim war ich mit meiner Frau vom Osten in den Westen zurückgekehrt. Unterwegs erfuhr ich von der Absage des Rennens im badischen Linkenheim aufgrund von Kollisionen mit einer Parallelveranstaltung. Aber das ist eine andere Geschichte... Jedenfalls blieb als Nahziel nur Dahn auf pfälzischem Boden.
.:: DIE STRECKE ::.
Als Rennstrecke war eine 1,4-Kilometer-Runde im Süden der Stadt ausersehen worden. Aus der Vogelperspektive glich sie einem Oval mit je einer leicht ansteigenden und abschüssigen Endlosgeraden, verbunden durch einen kurzen Stich und ein enges Gefälle als Kehren, das für die Masters dreißig Mal zu durchfahren war. Vom Start und Ziel Am Kreuzstein ging es rechtsrum über die Hauensteiner- und Slevogtstraße, und Am Griesböll zurück zum Kreuzstein. Der Höhenunterschied war marginal, diffizil indes die mit hohem Tempo angesteuerten Kurven und einige Straßenschäden und Schleusendeckel in der Zielgeraden. Wegen ihrer leichten Krümmung konnten die Fahrer das Ende der beiden knapp sechshundert Meter langen Geraden nicht sehen.
.:: DAS RENNEN ::.
Nicht endende existenzielle Sorgen und der für 3 Uhr 45 gestellte Wecker hatten mir eine weitere verheerende Nacht beschert. Zudem fühlte ich einen entzündungsartigen Schmerz in der Wade. Ich hatte keine schnellen Beine heute, und einen vollen Bauch obendrein. Um sechs ging die Reise ab Frankfurt los. Nach einer hübschen Fahrt von der Weinstraße durch den fast unbesiedelten Pfälzer Wald hatten Peanut und ich das reizende Städtchen Dahn inmitten der schroffen Felsen und dunklen Wälder des Dahner Felsenlands kurz vor der elsässisch-französischen Grenze erreicht. Dort wurden wir vom „Jungfernsprung“, einer himmelhohen Klippe, die an die Bastei in der Sächsischen Schweiz erinnert, empfangen. Weniger erquickend gestaltete sich die Unterquerung eines Flatterbands, welches den Antennstab unseres Astras abrasierte und in dessem Sinne zu „Sternen“-Staub zerrieb. Verrückt! Aber keine Zeit für Gram. Denn bis zum START blieb nur eine Stunde.
Punkt neun Uhr wurde das Feld aus zweiunddreißig Masters-2- und 3 sowie zwölf Masters-4-Fahrern ins Rennen geschickt. Gestartet wurde gemeinsam; für die Masters 4 erfolgte die Wertung aber getrennt. Alle fünf Runden wurde um Wertungspunkte gesprintet, dazwischen diverse Prämien und drei Hotelgutscheine für 800 Euro ausgefahren. Doch damit hatte ich nichts zu tun. Vom ersten Meter an war Vollgas angesagt. Es ging nur darum, so lange wie möglich an den jüngeren, schnellen Masters dranzubeiben und auf die Selektion im Feld zu hoffen. Während sich Antoni als einziger der Masters 4 vorn behaupten konnte, waren nach sechs turbulenten, aggressiven Runden alle mit Rückennummer über 50 (die Masters 4) abgekoppelt - außer dem kleinen, leichten Rommelfanger. Zwanzig Runden rommelte ich mit Rommelfanger ums Podium - bis ich zehn vor Ultimo einen Schlag aufs Herz bekam und aus Selbstschutz die achtköpfige Gruppe verließ. Als die Pumpe wieder im Takt war, waren alle Trikots vor mir außer Sicht. Die letzten vierzehn Kilometer bestritt ich als Solist zwischen der Spitzengruppe und den Abgehängten - in der Gefahr, daß Letztere durch die Spirze wieder nach vorn gefahren werden. Die Runden verstrichen - - bis die Anzeige „1“ erschien. Doch die alles entscheidende GLOCKE als Signal für die letzte Runde blieb stumm... und eine Ellipse weiter strahlte nach wie vor die weiße Tafel mit der „1“ vom Kampfrichterwagen... bis irgendwann das Rennen vorbei schien... Der Disput mit den sieben Schlafmützen oben auf dem Laster war geschenkt: Sie starrten mich nur geistesfremd an.
Finale
 
Absurde Züge nahm das Rennen mit dem Blick in die Ergebnislisten im Keller der Schulsporthalle an. Deren Zeilen berichteten von einem Radrennen, dessen Ausgang nichts mit dem 6. Felsenland-Kriterium gemein hatte!
 
Von zwölf Masters 4 erschienen lediglich fünf im Ergebnis, einer davon mit „DNF“ (nicht im Ziel) - und auch nur, weil er die Jury extra über seinen Ausstieg informierte. Die übrigen sieben flogen offenkundig unterm Radar... Ich war der Erste mit Einspruch beim Rennleiter, einem tattrigen, alten Herrn. Jenen sollte ich schriftlich formulieren und zwanzig Euro blechen. Mit der Ergänzung, ich „solle froh sein, als dreimal Überrundeter nicht disqualifiziert worden zu sein“. Welch ein Schlag ins Gesicht! Gleich nach mir erschien Rommelfanger am Kampfrichterwagen. Gemeinsam mit dem sympathischen Sieger Antoni und dem an Platz zwei geführten, jedoch von mir überrundeten Kairies, stellten wir das tatsächliche Resultat klar.
 
Die Ausfälle der Masters 2 und 3 waren noch gravierender. Von 32 Fahrern erschienen 18 im Ergebnis, einer als nicht im Ziel. Der Hatzenbühler Trauth erzählte mir, er sei Zehnter bis Fünfzehnter geworden - tauchte aber nicht in der Liste auf. Die Kommissäre sagten ihm, sie „können das nicht mehr ändern, weil zu viele Protest eingelegt haben“. Nach dreißig Minuten war dann auch die Einspruchsfrist verstrichen. Und der finale Akt in einer irren Achterbahnfahrt von Schreck über Zorn hin zu Freude und Rausch folgte...
 
Keine fünf Minuten später wurden „Mario Voland, Martin Rommelfanger und Walter Antoni“ zur Siegerehrung ausgerufen! Damit konnte ich sieben Tage nach dem Vizemeistertitel im Bergfahren erneut ein magisches Treppchen erklimmen. Der pfälzische Kannibale Antoni bat Rommelfanger und mich auf die oberste Stufe! Neben einer Sonnenblume, einem Rubinroten vom Deutschen Weintor und fünfzehn Euro für den Dritten, staubte ich diverse Gratisartikel als Beigabe ab, und kletterte mit dem dritten Platz auf den 65. Ranglistenplatz aller deutschen Mastersfahrer.
 
 
Danke von ganzem Herzen
Martin Rommelfanger, Torsten Kairies, Walter Antoni, Erwin Hickl (für die Ehrlichkeit)
Meine Peanut, dem BESTEN MENSCH DER WELT
 
 
Vitus, 20. Juni 2021 (Sonnenwende), Bilder: Peanut
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 15ºC, leichte Brise aus Süd (9 km/h)
Typ: Kriterium
Länge: 42 km
 
Im Ziel: 118
CT und Elite-Amateure: 20, Amateure: 23, Masters 2+3: 19, Masters 4: 8, U19: 3, U17: 5, U15: 14, U13: 9, U11: 10, Elite-Frauen: 7
 
Masters 4
Meldungen:
12
Am Start:
12
Im Ziel: 8
1. Walter Antoni (TSV Neupotz) 5 Pkt.
2. Martin Rommelfanger (RSC 1984 Betzdorf) -1 Rd.
3. Mario Voland (Dresdner SC 1898)
4. Erwin Hickl (RC Silber-Pils 03 Bellheim) -2 Rd.
5. Torsten Kairies (VC Frankfurt 1883)
6. Wolfgang Fürtig (RSC Niddatal 1988)
 
Ergebnisse
Rad-Net